Unterschätzt nicht den Faktor Team bei der Investorenentscheidung!

Februar 25, 2025

Wir bei innoWerft arbeiten sehr viel mit sehr frühphasigen Startups. Fast immer finde ich in Pitchdecks maximal eine verschämte Slide zum Team, die beim Pitch meist recht zurückhaltend vorgetragen wird. Das ist sympathisch, aber sicherlich falsch. Denn: ein erstklassiges Team macht aus einer zweitklassigen Idee ein großartiges Business, und ein zweitklassiges Team kriegt auch eine erstklassige Idee nicht auf die Reihe.

Während ich bei späteren Finanzierungsphasen meist schon viel an Business vorzuzeigen habe, habe ich ganz am Anfang vor allem eine Idee und ein Team, das in einem hoffentlich ausreichend großen Markt operiert. Gerade in den frühen Finanzierungsrunde spielt bei der Investor:innenentscheidung das Team eine massive Rolle. Traue ich das den Leuten zu? Haben sie genug Energie? Können sie begeistern?

Erfolgsfaktor Team und warum es ein Risikofaktor bei Investorengesprächen sein kann

Wer sich mal einen typischen Beteiligungsvertrag angesehen hat, findet dort viele Belege für meine Behauptung: die Gründer:innen werden in vielfacher Weise gebunden: wer geht, muss Anteile abgeben („Vesting“), die Gründer:innen müssen in vollem Umfang für das Startup arbeiten („Unternehmerische Konzentration“, „Commitment“), Abfindungseinschränkungen („Good/Bad Leaver“), Wettbewerbsverbote, Lock-up u.v.a.

Anekdotisch sei erwähnt, dass es bei großen, börsennotierten Unternehmen eher umgekehrt ist. Kein geringerer als Warren Buffet hat angeblich gesagt:

blaues Anführungszeichen für das folgende ZitatI try to invest in businesses that are so wonderful that an idiot can run them. Because sooner or later, one will.

Abturner

Fangen wir mal mit „Abturnern“ an – ich nehme jetzt eine sehr persönliche Sicht an.

 

    • Warum soll ich in ein Startup investieren, bei dem die Gründer:innen einfach alles besser wissen? Ein solches Team wird von meiner Expertise als Investor:in kaum profitieren. Typische Statements: „Wir brauchen vor allem Kapital und Netzwerk zu Kunden. Alles andere können wir selbst“.
    • Ebenso ermüdend sind Gründer:innen, die auf eine Frage nicht wirklich antworten, dafür aber -ausgehend von der mäßigen Beantwortung der Frage- ewige verbale Streifzüge durch ihre Welt bieten. Menschen, die es verbal nicht auf den Punkt bringen können, bringen es oft auch gedanklich nicht auf den Punkt. Gründer:innen müssen gerade am Anfang enorm viele Entscheidungen in sehr kurzer Zeit treffen – nach Möglichkeit meist die richtigen.
    • Die Gründer:innen streiten sich schon beim Kennenlerngespräch mit dem:r Investor:in. Während es wichtig ist, dass unterschiedliche Typen ein Team ausmachen, die sich auch auseinandersetzen können, ist es alles andere als produktiv, wenn beim Investor:innentermin schon Streit ausbricht. Die Situation, dass Gründer:in A etwas sagt, und Gründer:in B das offensichtlich nicht für perfekt hält und auch etwas dazu sagt, ist wunderbar. Am Stil, in dem das geschieht, kann man viel darüber lernen, wie man im Team miteinander umgeht.
    • Das Team ist kein Team, sondern eine „One-Man-Show“. Wir investieren selbst gar nicht mehr in Einzelgründer:innen, aber es gibt auch Teams, die derart offensichtlich von einer Person abhängig sind, dass sich einfach ein Klumpenrisiko ergibt: wenn diese eine Person nicht mehr will oder kann, ist das Startup am Ende. Leider finden sich auch immer wieder Gründer:innen, die kein Team bauen können, sondern nur eine Gruppe von Gefolgsleuten. Auch das führt meist zu kurzfristiger Zusammenarbeit.
    • Im Cap Table sitzen Menschen, die gar nicht wirklich mitarbeiten. Eine solche Situation akzeptieren 99 von 100 VCs nicht. Anteile an Deinem Startup sind knapp, spätestens bei der dritten Finanzierungsrunde wirst Du das spüren. Trotzdem sollen alle Gründer:innen, die (meist für überschaubare Gehälter) mitarbeiten, ausreichend wirtschaftlich motiviert sein. Das geht nicht, wenn schon am Anfang „Ideengeber:innen“, „Mentor:innen“ und andere diese wertvollen Anteile besitzen. Solche Menschen incentiviert man über VSOPs.

Team: Diversität und Kompetenz

Es gibt mehr als genug Studien, Experimente und Nachweise, dass diverse Teams besser performen als homogene. Diversität meint hier Persönlichkeiten, Problemlösungsstrategien, durchaus auch Geschlecht und Kultur. Das möchte ich hier nicht wiederholen.

Wichtig ist auch das Vorhandensein der für den Geschäftserfolg nötigen relevanten Kompetenzen. Mir begegnen nicht selten Geschäftsmodelle, bei denen offensichtlich digitales Marketing ein kritischer Erfolgsfaktor ist, dieses aber zugekauft werden soll. Das ist ebenso hoffnungslos, wie ein Geschäftsmodell, bei dem eine Software-Plattform erfolgskritisch ist, aber kein Software-Mensch im Team ist – macht man im Ausland, z. B. die ersten werden von einer Agentur über den Tisch gezogen werden, die anderen von einem Software-Dienstleister. Aber natürlich ist auch die Kenntnis der Branche enorm wichtig für den Erfolg.

Im Team kann man auch die Kraft sammeln, um mit Rückschlägen umzugehen. Ich kenne kein einziges Startup, dass nicht mehrmals so auf dem Boden lag, dass man dachte, es hat keinen Sinn, es geht nicht weiter. Ein echtes Team ist immer resilienter als es jeder einzelne sein kann.

Gerade ein Startup braucht auch jemanden, der auf der Bühne stehen kann und das Startup sehr gut verkaufen kann. Der Menschen begeistern kann, jenseits der bloßen Sachargumente. Denn gerade junge Startups werden nicht darum herumkommen, immer wieder vor größeren Gruppen zu sprechen und dort Resonanz zu finden, um Investor:innen und Kund:innen zu gewinnen.

Und wer jetzt noch behauptet, dass ein:e Einzelgründer:in alle diese diversen Kompetenzen auf sich vereinigt: kann schon mal vorkommen, aber wahrscheinlich ist das nicht.

Streit

Statistisch gesehen ist einer der häufigsten Gründe für das scheitern eines frühphasigen Startups das Auseinanderbrechen des Teams – ja, noch häufiger als fehlende Finanzierung. Eine häufige Ursache für das Auseinanderbrechen sind Streitigkeiten im Team.

Diese kann man als Investor vorab nicht sehen oder gar ausschließen. Da aber genau diese Themen so häufig ein Problem sind, sind Investor:innen sehr sensibel für jede Art von positiven oder negativen Anzeichen und schauen sich sehr genau und aufmerksam an, wie die Gründer:innen miteinander umgehen. Denn die weiter oben geforderte Diversität ist natürlich auch ein Grund für Reibung.

Viele Investor:innen haben auch Zugriff auf Mediator:innen – und je früher ein Team diese Hilfe in Anspruch nimmt, je weniger weit eskaliert der Konflikt ist, desto größer die Chance auf Erfolg der Mediation.

    Ein Risikofaktor fürs Team: Streit

    Wieder ein Spieß, den man auch umdrehen kann

    Das darf man auch als Startup bei seinem:r Investor:in tun: sich genau ansehen, wie die Menschen miteinander umgehen, denn auch für ein Startup ist es nicht lustig, wenn die Mitarbeiter und Partner eines VCs nicht miteinander können. Ganz abgesehen davon: meist hat man ja als Startup gleich ein paar Investor:innen im Team – und wenn es beim Startup mal schwierig wird, können auch Streitereien unter den Investor:innen ganz schön für Probleme sorgen.