Eine erfolgreiche Content Marketing Strategie entwickeln – so geht’s!

Bleibt das Thema „Content Marketing“ auch in 2021 eines der „Buzzwords“ überhaupt? Vermutlich! Und: ein Ende ist nicht wirklich in Sicht. Der Grund hierfür ist ebenso einfach wie inspirierend. Richtig umgesetzt kann das eigene Content Marketing nämlich zu einem effektiven Hilfsmittel werden, wenn es darum geht online fortlaufend Neukunden zu akquirieren – nämlich organisch!

Gerade das sollte für Startups doch Grund genug sein, um sich zumindest kurz mit der Marketingdisziplin zu beschäftigen. Vielleicht kann das Content Marketing ja mittel- bis langfristig nämlich sogar dazu führen, dass der Telefonhörer für das ungeliebte „Cold Calling“ gar nicht mehr in die Hand genommen werden muss.

Wie Content Marketing definiert werden kann, wie der Aufbau einer Strategie in der Praxis aussieht und vor allem wie diese Disziplin des Marketings effektiv in den eigenen Marketing-Mix integriert wird, möchten wir uns in diesem Beitrag näher anschauen.

 

Definition und Tipps zum Thema Content Marketing

Content Marketing hat mittlerweile unzählige Definitionen. Alle im Detail zu kennen ist dabei allerdings viel weniger wichtig, als die gemeinsamen Nenner aller Definitionen im Kern zu verstehen und auf das eigene Marketing umzumünzen.

Denn beim Content Marketing geht es im Kern darum, die Inhalte zu produzieren, die in Bezug auf die eigene Zielgruppe einen entsprechenden Mehrwert stiften. Selbstverständlich sollten die Inhalte im Zusammenhang zum eigenen Produkt bzw. zur eigenen Dienstleistung stehen. Die entsprechenden Inhalte werden so zu einem effektiven Teil der eigenen Kommunikationsstrategie, da sie das Interesse hinsichtlich der eigenen Produkte erhöhen und den potentiellen Kunden gekonnt von einer Stufe des „Sales-Funnels“ in den nächsten leiten.

Je nach Content-Form können im Regelfall entsprechend profitable Handlungen für das eigene Startup generiert werden. So zum Beispiel eine Kontaktaufnahme über ein Lead-Formular, die Vereinbarung eines Erstgesprächs oder gar ein direkter Kauf! Ob B2B oder B2C, ist in dem Fall egal. Lediglich die Inhalte müssen jeweils individuell an das jeweilige Produkt bzw. die jeweilige Zielgruppe angepasst und an den richtigen Stellen platziert werden. Schließlich kann die eigene Zielgruppe die Inhalte nur dann wirklich konsumieren.

 

Leitfragen, die es vor der Umsetzung einer Content Marketing Strategie zu beantworten gilt

Wen wollen wir mit unseren Inhalten eigentlich erreichen? Diese Frage gilt es vor der Umsetzung im Detail zu beantworten! Denn nur wer seine Zielgruppe im Detail kennt, kann diese auch effektiv mit entsprechendem Content erreichen. Für diesen ersten, wichtigen Schritt sollte man sich als Team in jedem Fall Zeit nehmen. Denn Datenpunkte wie Alter und Position der Zielgruppe kratzen hierbei nur an der Oberfläche.

Auf welchen Social Media Kanälen hält sich die Zielgruppe auf? Zu welchen Zeiten ist sie online? Auf welche Art und Weise konsumiert sie Inhalte am liebsten? Welche offenen Punkte behindern regelmäßig den Verkaufsprozess? Was muss jemand in jedem Fall wissen, damit er eine informierte Erstkontaktaufnahme durchführen kann? Und, und, und!

Dies sind nur einige Fragen, die dabei helfen können, die richtige Content Marketing Strategie zu definieren. Je tiefer und genauer die eigene Zielgruppe analysiert werden kann, desto passgenauer können auch entsprechende Inhalte für jene entwickelt werden. Selbstverständlich wird die ursprüngliche Strategie mit den Monaten entsprechend weiterentwickelt. Schließlich verändert sich auch die eigene Zielgruppe mit ihren entsprechenden Bedürfnissen.

 

Der Weg zur Entwicklung einer individuell zugeschnittenen Strategie

Stichwort „Strategie“: gerade beim Thema Content Marketing ist besonders wichtig nicht nach einer „one fits all“ Lösung zu suchen! Denn was richtig für das eine Startup ist, muss zwangsläufig nicht auch richtig für das eigene Team sein – selbst wenn das eigene Unternehmen ein ähnliches Produkt für eine vergleichbare Zielgruppe verkaufen möchte!

Denn in erfolgreiches Content Marketing fließen viele Faktoren ein, die ausschlaggebend für den späteren Erfolg sind. Einer dieser Faktoren ist es fortlaufend die Inhalte zu erstellen, die auf der einen Seite der eigenen Zielgruppe zusagen und auf der anderen Seite fortlaufend vom eigenen Team – oder von entsprechenden Dienstleistern – produziert werden können. Um selbst fortlaufend Inhalte zu produzieren, muss der jeweilige Content Freude bereiten und in die eigenen Stärken fallen. Für Content Produktion durch externe Dienstleister benötigt man entsprechend monatliches Budget.

Content kann viele Formen annehmen und dabei immer wirksam sein. Die einen versuchen lieber über Blog-Beiträge an die eigene Zielgruppe heranzutreten. Die anderen fühlen sich beim Produzieren von Videoinhalten wohler. Wichtig ist es die eigenen Stärken schnell zu finden und diese konsequent durchzuziehen. Denn wer die Strategie anderer kopiert, ohne dabei Spaß zu haben, der wird diese Strategie nicht nur nicht lange umsetzen, sondern damit wahrscheinlich auch keine Erfolge erzielen.

Das ganze Team gekonnt in das eigene Content Marketing involvieren

Nicht nur Marketer können effiziente Inhalte für das eigene Content Marketing Strategie produzieren. Das Schöne an dieser Disziplin ist es nämlich, dass im Regelfall das komplette Team in den Prozess integriert werden kann. Geteiltes Leid ist schließlich halbes Leid, nicht wahr?!

Keine Sorge! Das heißt natürlich nicht, dass bspw. auch jeder vor der Kamera stehen oder Blog-Beiträge schreiben muss! Allerdings ist man gut beraten Wege zu finden, um das Wissen des kompletten Teams zu extrahieren und zu entsprechend werthaltigen Inhalten für die eigene Zielgruppe zu verpacken. In welcher Form das geht, ist dabei von Team zu Team unterschiedlich.

Ist ein grober Weg hier erst einmal gefunden, so können sowohl der Ideenfindungs- als auch der Kreationsprozess systematisiert werden. So kann über die Monate das Maximum an Effizienz für das eigene Team herausgeholt werden. Außerdem nimmt die Thematik so wöchentlich nicht mehr Stunden ein, als ursprünglich auch dafür veranschlagt wurde.

Gerade zum Start der eigenen Ambitionen macht es Sinn ein groß angelegtes Brainstorming durchzuführen. Hierbei sollten nicht nur frische Ideen, sondern auch die wichtigsten Themen in Bezug auf das eigene Startup und dessen Angebot gesammelt werden. Anschließend können diese Ideen effektiv in passende Content-Formen gegossen und in einem Redaktionsplan fixiert werden. So wird der größte Feind des Content Marketings – nämlich die eigene „Ideenlosigkeit“ – von Beginn an erfolgreich ausgehebelt!

 

Eine gute Content Marketing Strategie ist so einzigartig wie das eigene Startup selbst!

Eine erfolgreiche Content Marketing Strategie lebt von vielen Faktoren. Dabei gilt es grundsätzlich auf die eigene Zielgruppe, die Stärken des eigenen Teams und vor allem auf Kontinuität zu fokussieren. Denn gerade erstklassige Rankings auf Google werden sich nicht über Nacht ergeben. Speziell hier gilt es dranzubleiben und den eigenen Blog fortlaufend mit hochwertigen Inhalten zu befüllen.

Auch wenn es auf den ersten Blick für viele nicht so erscheinen mag, lebt erfolgreiches Content Marketing nicht davon, dass regelmäßig extrem schwere Dinge gelöst und aufgearbeitet werden. Im Regelfall geht es nämlich vielmehr darum die einfachen und für jeden offensichtlichen Dinge besonders gut, auf einer langfristigen Basis umzusetzen. Dann treten auch die gewünschten Erfolge im Zusammenhang mit dem Content Marketing ein – und das Leben als Startup wird um ein Vielfaches angenehmer!

Richard Dihen

Gründer und Geschäftsführer der Social Media Agentur Di.Ri Social Media

In seinen Workshops hilft er Startups und KMUs dabei die richtigen Strategien
für das eigene Social Media Marketing zu definieren.


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Networking – Der Erfolgsfaktor für Gründer

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Laut dem Duden ist Networking das Knüpfen und Pflegen von Kontakten, die dem Austausch von Informationen und dem beruflichen Fortkommen dienen. Soweit so gut, dass Networking wichtig für die eigene Startup-Karriere ist, hören Gründer immer wieder. Dabei ist Networking mehr als ein abgedroschenes Buzzword. Es ist ein elementarer Bestandstandteil, um das eigene Business langfristig erfolgreich zu machen.

Eine Studie der Universität Toronto zeigt allerdings, dass Menschen sich beim Netzwerken schlecht fühlen. Das schlechte Gefühl entsteht vor allem dann, wenn sie dem Netzwerkpartner keinen sinnvollen Gegenwert bieten können. Netzwerke sind also erst dann richtig wirksam, wenn die Qualität der Beziehungen gleichwertig ist.

Und was heißt das nun für Gründer? Wer sich ein gutes Netzwerk aufbauen möchte, bittet nicht wahllos Menschen um Gefälligkeiten. Vielmehr ist er sich über seine Needs im Klaren und hat einen konkreten Plan. Er kennt den Zweck seines Netzwerks und ist bereit etwas in Vorleistung zu geben. Networking ist also nicht nur der Aufbau eines möglichst großen Netzwerks, sondern auch dessen Intensivierung und Pflege. Es ist ein ständiges Geben und Nehmen und das kann sogar Spaß machen. Tut es dies nicht, umgibt man sich schlichtweg mit den falschen Leuten.

3 gute Gründe für aktives Networking

  1. Niemand weiß alles.

Deswegen ist es richtig und wichtig von und mit Gleichgesinnten zu lernen. In jeder Stadt gibt es zahlreiche Startup-Events, oft sogar kostenlos. Ob in Form von Meetups oder Workshops, es gibt zahlreiche Möglichkeiten sich Wissen anzueignen. Neben persönlicher Weiterentwicklung und Weiterbildung lohnt sich die Event-Teilnahme für Socialising. Es geht darum die richtigen Mitstreiter zu finden. Ob Mitgründer, Kooperationspartner oder die ersten Mitarbeiter.

Dabei unterstützen wir dich natürlich auch bei uns in der innoWerft. Durch Coachings, Mentorings sowie unsere Up2B-Programme helfen wir dir, beim Ausbau deines Netzwerks.

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2. Gemeinsam statt einsam.

Gerade zu Beginn der Gründung kann der Arbeitsalltag ziemlich einsam erscheinen. Vor allem als Solo-Gründer, der noch auf der Suche nach passenden Teamkollegen ist. Noch dazu musst du dich parallel um Themen von Produktentwicklung bis hin zu Finanzen kümmern. Hier hilft das Arbeiten in sogenanntenn Co-Working Spaces. Hier bekommst du die Möglichkeit zum direkten Austausch mit Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Intelligentes Beziehungsmanagement ist für Early Stage Startups Gold wert. Know-How Lücken können so über das eigene Netzwerk eingeholt und die Arbeitsbelastung auf mehreren kompetenten Schultern verteilt werden.

3. Neue Kontakte bringen neue Kunden.

Das eigene Netzwerk kann also durchaus als Akquise-Kanal genutzt werden. Damit ist nicht gemeint seinem Gegenüber plump das eigene Angebot anzupreisen. Dazu gehört etwas mehr Feingefühl. Es geht nicht darum aufdringlich zu sein oder sich ständig verkaufen zu müssen. Durch klug eingesetztes Know-How und das Teilen von Wissen, besteht die Chance sich als Experte zu präsentieren. So entstehen durch Weiterempfehlungen interessante neue Projekte. Laut einer IBM Studie werden 80 Prozent aller Aufträge über Empfehlungen vergeben. Nichts ist überzeugender als die gute alte Mundpropaganda.

7 Tipps, die Networking zum Erfolgserlebnis machen

Das nächste Event oder die nächste Weiterbildung steht an. Wer erfolgreich netzwerken möchte, sieht hier nicht nur die Möglichkeit den eigenen Horizont zu erweitern. Es ist die Chance interessante Menschen kennenzulernen und neue Kontakte zu knüpfen. Das A und O ist eine gründliche Vorbereitung. Messen und Kongresse bieten oft die Option die Teilnehmer im Vorfeld zu recherchieren. Es empfiehlt sich im Vorfeld Termine zu vereinbaren und gezielt Personen zu kontaktieren. Achte darauf, dass diese Personen dir einen Mehrwert bieten und du ihnen ebenfalls einen sinnvollen Gegenwert anbieten kannst.

Es ist eine Selbstverständlichkeit und doch kommt es immer wieder vor – Visitenkarten vergessen! Wer seine Kontaktdaten nicht weitergeben kann, hat bereits verloren, bevor das Networking richtig begonnen hat. Alternativen zu den üblichen Papierkärtchen gibt es bereits. Plattformen wie LinkedIn oder Xing bieten die Möglichkeit der Vernetzung über QR-Codes als digitale Visitenkarte. Virtuelle Netzwerke dienen als Ergänzung zu realen Netzwerken. Digitales Networking sollte nicht beliebig erfolgen. Die Präsenz in den gängigen beruflichen Online-Netzwerken setzt, wie auch im persönlichen Gespräch, sinnvollen Content voraus. Die Ziele sind dabei vielfältig, spielen letztendlich aber alle eine große Rolle in der Selbstvermarktung.

Wenn Interessen und Gesprächsthemen sich ähneln, fällt der Austausch mit Gleichgesinnten leicht. Auch wenn dabei eine gewisse Distanz zu hierarchisch vorgesetzten Personen wahrgenommen wird. Gerade diese haben aber häufig relevante Informationen oder können in bestimmten Situationen weiterhelfen. Beim Aufbau des eigenen Netzwerks sollte also darauf geachtet werden gerade Personen einzubinden, die Mentor-Qualitäten haben.

Oft unterschätzt werden die privaten Netzwerke von Friends & Family. Wertvolles Know-How liegt auch im persönlichen Umfeld und bleibt oft unentdeckt. Networking im privaten Umfeld hat zudem den entscheidenden Vorteil der Vertrauenswürdigkeit. Vertrauen muss nicht erst hart erarbeitet werden, sondern hat sich in der Regel bereits über Jahre aufgebaut.

Netzwerke basieren auf Vertrauen, Respekt, gegenseitiger Unterstützung und Ehrlichkeit. Es geht einzig und allein um Beziehungen zu Menschen. Daher ist umso wichtiger authentisch zu bleiben. Ein Mensch, der sich seinen Vorstellungen entsprechend verhält und für seine Prinzipien eintritt, wird als glaubwürdig wahrgenommen. Das gilt für alle Bereiche des Lebens und eben auch für das Networking. Es erscheint weniger sinnvoll in den angesagten Golfclub zu gehen, wenn man von dem Sport und dem Ambiente eigentlich nichts hält.

Die gute Nachricht, Netzwerken kann man lernen. Gerade wer ungern auf Menschengruppen zugeht, braucht eine eigene Strategie. Diese Strategie variiert genauso wie die eigene Persönlichkeit. Networking muss nicht als Einzelkämpfer geschehen. Gemeinsam mit einem Kollegen ist die Ansprache Fremder oft einfacher. Dabei hat diese Strategie den positiven Nebeneffekt, dass der Kollege einem Personen aus seinem eigenem Netzwerk vorstellen kann. Und vielleicht gehört der Kollege auch zu den Menschen die Networking genießen. So agiert er nicht nur als Türöffner, sondern auch als Vorbild, von dem das Zugehen auf Andere gelernt werden kann.

Das Ansprechen und Kennenlernen von neuen Menschen ist nur der erste Schritt. Der Kontakt muss ausgebaut und vertieft werden. Ein solides Netzwerk entsteht durch nachhaltige Kontakte, die gepflegt werden. Dabei gilt je mehr Zeit und Aufmerksamkeit in den neuen Kontakt investiert wird, desto intensiver wird die Beziehung.

Jetzt.de Redakteur Christian Helten bringt es auf den Punkt. “Nicht zu netzwerken ist fürs Berufsleben wie nie Zähne zu putzen fürs Liebesleben: selten erfolgreich”.

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Der perfekte Pitch – Ein etwas anderer Leitfaden

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Willkommen zu einem etwas anderen Leitfaden und Blogbeitrag! Statt Euch mit oberlehrerhaften Ratschlägen zu überhäufen, möchte ich Euch heute ein paar Tipps mitgeben, wie Ihr Euren nächsten Pitch garantiert vermasselt. Ich dachte mir, das könnte unterhaltsamer ausfallen und am Ende genauso hilfreich sein. Vielleicht möchtet Ihr ja, wenn Euch mein Ansatz gefällt, in die Kommentare ein paar Eurer komplementären Erfahrungen schreiben?

Also, der Einstieg ist wichtig, wenn wir es richtig vergurken wollen. Bewährt haben sich Ansagen wie „Wir sind das Google der …“ oder das „Facebook der …-Branche“. Da rollen schon mal die Augen von 75% aller Investoren nach oben. Dieser überaus wenig bescheidene Einstieg schafft eine gute Basis für weitere Frustration im Publikum.

Ich muss hoffentlich nicht betonen, dass wir Blickkontakt mit dem Publikum meiden, leise und schnell nuscheln und auf die Folien möglichst viel Text in einer Serifen-Schrift (Times Roman hat sich bewährt) mit maximal 12pt machen. Mit reichlich Text und Detail auf der Slide stellen wir sicher, dass niemand unseren kümmerlichen Sätzen zuhört und unser Publikum durchwegs mit Lesen beschäftigt ist.

STELLE DEIN PRODUKT UNBEDINGT TECHNISCH DAR

Nach unserem grandiosen Einstieg stellen wir unser Startup so vor, dass wir das Produkt möglichst technisch darstellen. Wir vermeiden jede Aussage zum Nutzen oder Wert für den Kunden und konzentrieren uns ganz auf die einzelnen technischen Komponenten der Lösung, die keinen interessieren (außer uns), auf die wir aber angemessen stolz sind und für deren systematische Auswahl wir bewundert werden möchten. 75% der Investoren schlafen jetzt. Die anderen sind harte Nüsse und werden Zug um Zug eliminiert.

Bei der Frage des Markts für unsere Lösung bieten sich zwei bewährte Strategien an: entweder ignorieren wir diese Frage ganz (das ist ein guter Investor gewöhnt), oder wir arbeiten mit dem Muster „Riesige Zahl multipliziert mit winzigem Anteil = absurde aber ausreichende Kundenzahl“. Also z. B. bieten wir etwas an, was jeder Bürger Deutschlands braucht (Markt = 80 Mio.) und wovon wir in unserer grenzenlosen Demut nur defensive 0,1 Promille Marktanteil für unsere Planungen annehmen. Das ergibt dann 8.000 Kunden im ersten Quartal – wer könnte daran zweifeln? Eine gute Basis für künftiges Wachstum. Und irgendwann internationalisieren wir dann.

NUTZE DAS INVESTMENT UM DEIN PRODUKT WEITER ZU ENTWICKELN

Die gewünschte Investition unserer Kapitalgeber verwenden wir selbstredend zu 90% für die Weiterentwicklung unseres Produkts. Marketing und Vertrieb erfordern ja faktisch kein Kapital, außerdem ist im Gründerteam ohnehin niemand bereit, mit Kunden zu sprechen. Vertrieb – ja, da wird man irgendwann jemanden einstellen müssen. Womit wir beim Team sind: hier bieten sich schlechte, uneinheitliche Fotos mit geringer Auflösung an, die schlecht rasierte und offenbar auch schlecht gelaunte Männer zeigen. Der Investor will ja auch vor allem deren akademische Abschlüsse bewundern, die Frage, warum gerade dieses Team das ist, dass die oben dargestellte Idee zu einem kommerziellen Erfolg führt, kann man ja später notfalls im bilateralen Gespräch klären.

Natürlich flechten wir Zahlen in unseren Pitch ein, wir sind ja analytisch und ingenieurwissenschaftlich gut aufgestellt. Viele Zahlen helfen immer, und auch Beträge in Euro sollten, gerade wenn sie oberhalb von 1 Mio. verlaufen, mit mindestens zwei Nachkommastellen angegeben werden. Sonst wird es unnötig übersichtlich. Ah, und wir verteilen die Zahlen auf verschiedene Folien und achten auf feine Inkonsistenzen. Das stärkt das Vertrauen, selbst wenn wir diese Inkonsistenzen auf Nachfrage souverän auflösen können. Wir achten darauf, dass wir alle wichtigen Begriffe wie ROI, Break Even usw. verwenden und verwechseln sie im Idealfall flüssig.

DAS ENDE DES PITCHES – UM WAS GING ES NOCHMAL?

Das Ende des Pitches sollte nicht der Höhepunkt sein. Vielleicht wiederholen wir die wichtigsten Learnings (apropos: jeder Anglizismus ist gut!) und lassen die Spannungskurve langsam auf Null ausschleichen, bis wir am Ende selbst nicht mehr wissen, was wir noch sagen sollen und mit der Botschaft „Sorry, dass ich da war…“ von der Bühne schleichen. Natürlich haben wir die Zeit überzogen! Aber unser geniales Produkt kann man nicht in dieser kurzen Zeit erklären.

Jetzt sollten wir es zuverlässig verkackt haben. Den Umstand, dass sich keiner für eine Investition interessiert, können wir leicht erklären. An uns liegt es nicht, man hat uns einfach nicht verstanden. Blöd halt, dass die reichen Säcke alle keine Ahnung von unserer Materie haben.

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Beitrag von Thomas Lindner

Geschäftsführer der innoWerft


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Bücher für Gründer

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LITERATURTIPPS FÜR DEINEN WEG ZUM ERFOLGREICHEN STARTUP

Literaturtipps und Bücher für Gründer finden sich im Internet wie Sand am Meer. Doch unsere Liste ist anders: wir stellen euch nicht nur Bücher vor, die euch mit Hard Skills und Methoden füttern. Unsere Literaturtipps gehen weiter und greifen auch deine persönliche Entwicklung auf. Denn wenn du als Gründer nicht mehr funktionierst, wird auch dein Startup ins Stocken geraten.

So hat unsere Crew eine Liste mit Büchern für Gründer zusammengestellt, die alle Lebensbereiche aufgreift. Die Liste wird von uns immer wieder angepasst und ergänzt, so dass du stets die wichtigsten Bücher im Überblick hast.

Wir wünschen dir viel Spaß beim Lesen – egal ob in guter, alter Papierform oder digital.

BÜCHER FÜR GRÜNDER NR. 1:

HOW COOL BRANDS STAY HOT

“Das Buch von Joeri Van Den Bergh und Matthias Behrer gibt einen tiefen Einblick in die Generation Y. Sie gilt als die werbe kritische Generation. Dieses Buch zeigt, was diese Generation antreibt und wie man sie als Unternehmen ernsthaft erreichen kann.”

Ein Literaturtipp von unserem Kommandeur Daniel

Joeri Van Den Bergh, Matthias Behrer (2013): “How Cool Brands Stay Hot: Branding to Generation Y”. Kogan Page. 288 Seiten. Sprache: Englisch

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BÜCHER FÜR GRÜNDER NR. 2:

THE 4-HOUR WORK WEEK

“Produktiv sein macht Spaß und wird belohnt! Geschrieben sowohl für Unternehmer als auch für Angestellte.”

Ein Literaturtipp von unserer Matrosin Elisabeth

Timothy Ferriss (2011): “The 4-Hour Work Week: Escape the 9-5, Live Anywhere and Join the New Rich”. Vermilion. 416 Seiten. Sprache: Englisch

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BÜCHER FÜR GRÜNDER NR. 3:

SCHNELLES DENKEN, LANGSAMES DENKEN

“Wie treffen wir unsere Entscheidungen? Warum ist Zögern ein überlebensnotwendiger Reflex? Und warum ist es so schwer zu wissen, was uns in der Zukunft glücklich macht? Diese und weitere Fragen beantwortet Daniel Kahnemann in seinem Buch. Lesenswert!”

Ein Literaturtipp von unserem Bootsmann Stephan

Daniel Kahnemann (2016): “Schnelles Denken, langsames Denken”. Penguin Verlag. 624 Seiten. Sprache: Deutsch

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BÜCHER FÜR GRÜNDER NR. 4:

FÜHREN, LEISTEN, LEBEN

“Fredmund Malik bietet mit seinem Buch den wohl umfangreichsten Management-Toolkasten. DAS Buch zum Thema Management.”

Ein Literaturtipp von unserem Matrosen Matthias

Fredmund Malik (2014): “Führen Leisten Leben: Wirksames Management für eine neue Welt”. Campus Verlag. 442 Seiten. Sprache: Deutsch

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BÜCHER FÜR GRÜNDER NR. 5:

BORN FOR THIS

“Du bist im Alltag gefangen? Fühlst Dich in Deinem Job nicht richtig wohl? Born for this zeigt auf ehrliche und witzige Art, dass Du damit nicht alleine bist. Und vor allem: Wie Du das findest, was Du wirklich kannst!”

Ein Literaturtipp von unserer Matrosin Sina

Chris Guillebeau (2016): “Born for This: How to Find the Work You Were Meant to Do”. Crown Business. 320 Seiten. Sprache: Englisch

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BÜCHER FÜR GRÜNDER NR. 6:

START WITH WHY

„Menschen kaufen nicht was Sie tun, sondern warum Sie es tun“. Am Beginn einer jeden Erfolgsgeschichte steht eine einfache Frage: Warum? Warum sind manche Menschen und Unternehmen innovativer und erfolgreicher als andere? Das Buch von Simon Sineks hilft Menschen und Organisationen dabei ihre Mission zu finden.”

Ein Literaturtipp von unserer Segelmacherin Maren

Simon Sineks (2011): “Start with Why: How Great Leaders Inspire Everyone to Take Action”. Portfolio. 256 Seiten. Sprache: Englisch

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BÜCHER FÜR GRÜNDER NR. 7:

SO ZÄHMEN SIE IHREN INNEREN SCHWEINEHUND

„Ein hilfreicher Ratgeber mit wertvollen Tipps, um den eigenen Schweinehund zu zähmen. Sehr humorvoll und gut verständlich geschrieben. Lesenswert!”

Ein Literaturtipp von unserem Kapitän Thomas

Marco von Münchhausen (2005): “So zähmen Sie Ihren inneren Schweinehund: Vom ärgsten Feind zum besten Freund”. Campus Verlag. 240 Seiten. Sprache: Deutsch

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BÜCHER FÜR GRÜNDER NR. 8:

STARTUP NAVIGATOR

Geschäftsideen gibt es wie Sand am Meer. Oft zerbröseln diese aber, wenn man sie an den Markt bringt und sie sich schlicht nicht rechnen. Was unterscheidet aber gute von schlechten Ideen? Erfolgreiche Startups sind keine Magie! Jeder kann mit dem Startup Navigator lernen, wie man erste Konzepte erfolgreich in die Tat umsetzt.”

Ein Literaturtipp von unserem Bootsmann Stephan

Dietmar Grichnik et al (2018): “Startup Navigator: Das Handbuch”. Frankfurter Allgemeine Buch. 284 Seiten. Sprache: Deutsch

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BÜCHER FÜR GRÜNDER NR. 9:

FROM SCIENCE TO STARTUP

„Jeder der versucht Unternehmer zu werden, sollte dieses Buch gelesen haben. Der Autor Anil Sethi hat viel Erfahrung und er zögert nicht, diese in seinem Buch weiterzugeben.

Ein Literaturtipp von unserem Steuermann Peter

Anil Sethi (2018): “From Science to Startup: The Inside Track of Technology Entrepreneurship”. Copernicus. 256 Seiten. Sprache: Englisch

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BÜCHER FÜR GRÜNDER NR. 10:

DER GLÜCKS-FAKTOR

Martin E. P. Seligman ist einer der Begründer der Positiven Psychologie. Er erläutert sehr anschaulich und fesselnd, was jeder Einzelne tun kann, um das ihm mitgegebene Glückspotential für sich auszuschöpfen. Eine lohnende Lektüre für alle, die ihre verborgenen Schätze heben möchten!

Ein Literaturtipp von unserem Kapitän Thomas

Martin E.P. Seligman (2018): “Der Glücks-Faktor: Warum Optimisten länger leben”. Bastei Lübbe. 480 Seiten. Sprache: Deutsch

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Produkte und Services mit Struktur ‘vom Kunden aus’ denken (Teil 3)

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Dr. Reinhard Ematinger

WIE DER START GELINGT

Der dritte Teil schließt die Serie ab und beschreibt mein Verständnis der Vorbereitung eines gelungenen Beginns Eurer Arbeit. Informationen und Entscheidungen, die Ihr benötigt, und Materialien, die Euch bestmöglich in Eurer Arbeit unterstützen.

Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2

WELCHE INFORMATIONEN BENÖTIGT IHR?

Eure Idee für ein frisches Produkt oder eine spannende Dienstleistung ist die perfekte Ausgangsbasis, viel mehr braucht es anfangs nicht. Je besser Eure Idee bereits strukturiert habt, desto einfacher ist allerdings der ‘Zoom’ in das Customer Jobs Canvas. Ein erster Wurf Eures künftigen Angebotes in Form eines Business Model Canvas mit der Beschreibung der wichtigsten Kundensegmente, des Nutzens, der Kommunikations- und Vertriebskanäle und möglicher Erlösmodelle hilft gerade bei der Arbeit im Team enorm dabei, ein gemeinsames Verständnis für den Ausgangspunkt zu haben und immer wieder dorthin zurückkehren zu können.

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Erste Tests Eurer Annahmen, zum Beispiel über den adressierbaren Markt, den Wettbewerb aus Eurer Sicht und aus der Sicht Eurer Kunden, die wesentlichen Unterschiede zu Angeboten des geschätzten Wettbewerbs und die Zahlungsbereitschaft der anvisierten Kundensegmente unterstützen ebenfalls beim Entwickeln eines gemeinsamen Bildes.

WIE BESCHREIBT IHR DIE KUNDENSEGMENTE AM BESTEN?

Lasst Euch bei der Auswahl bloß nicht dazu verführen, Organisationen als Kundensegmente zu betrachten, nur weil das auf den ersten Blick einfacher handzuhaben wirkt. Ihr werdet im Laufe der Arbeit mit dem Customer Jobs Canvas bemerken, dass Unternehmen oder Abteilungen selten emotionalen Aufgaben (Baustein 6, beschrieben im Teil 2) haben, dass das kompensierende Verhalten einer großen Organisation (Baustein 8) nicht besonders gut beschrieben werden kann, und dass unterstützende und hindernde Kräfte (Bausteine 11 und 12) deutlich präziser an Personen festzumachen sind. So erhaltet Ihr brauchbare Resultate, die Euch unter anderem für die Planung der nächsten Schritte und für die Kommunikation des Nutzens eine große Hilfe sein werden.

Ähnlich wie bei der Arbeit mit dem Business Model Canvas braucht es das Denken in Kundensegmenten als Personen, die Rollen ausfüllen, um zu relevanten Erkenntnissen zu gelangen. Sollten bereits Personas vorhanden sein, sind diese erfahrungsgemäß ein perfekter Start für die Arbeit mit dem Customer Jobs Canvas.

KENNT IHR DIE KUNDENSEGMENTE GUT GENUG?

Unabhängig vom Startpunkt geht Ihr bei der strukturierten Arbeit mit dem Customer Jobs Canvas in die Tiefe, um zum “Warum kaufen meine Kunden?” vorzudringen. Das ist der Plan. Meine Erfahrungen zeigen, dass ein solides Verständnis des gewählten Kundensegmentes die unbedingte Voraussetzung dafür ist. Kennt Ihr das Kundensegment nicht gut genug, holt Euch Mitdenker, die in ständigem Kontakt mit diesen Kunden sind – wiederholtes Raten macht Euch und Eurem Team keinen großen Spaß und führt selten zu brauchbaren Resultaten.

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Berücksichtigt gerade in einer Startup-Phase bei ‘internen’ Mitdenkern, die möglicherweise oft unterwegs sind, oder gar externen Partnern eine passende Vorlaufzeit für eine Einladung zum Workshop oder für ein Interview zu den Kundensegmenten. Das klingt nach einer eher schlichten Weisheit, ist aber erfahrungsgemäß eine ernsthafte Hürde, wenn Ihr flott vorankommen wollt. Eventuell hilft eine schnelle Ideensammlung, die die Frage beantworten hilft, wer bei der Arbeit mit dem Customer Jobs Canvas keinesfalls fehlen sollte.

BESCHREIBT IHR EURE KUNDEN ODER EURE EIGENEN ANGEBOTE?

Menschen haben ‘Aufgaben zu erledigen’, Produkte nicht. Es geht nicht darum, was Produkte “tun müssen”, sondern wie Produkte und Dienstleistungen Menschen unterstützen. Ertappt Ihr Euch oder Eure Mitdenker dabei, Produkten Aufgaben zuzuweisen und Gedanken wie “Die Aufgabe des Smartphones ist …” auszusprechen, ist das ein guter Zeitpunkt für ein kurzes Innehalten. Eine Runde mit dem Hund um den Block hilft hier enorm, Tierheime helfen hier gerne aus.

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Ein Smartphone ist die Lösung, nicht die Aufgabe – es macht unser Leben einfacher, weil wir unterwegs Mails beantworten, unsere Kalender fest im Griff haben, Zugtickets buchen und den kürzesten Weg finden können. Produkte und Dienstleistungen haben kein echtes Leben, das Ihr einfacher oder besser machen könnt. Sie haben – auch wenn Ihr mit Alexa oder Siri eventuell bereits gegenteilige Erfahrungen machen durftet – keine besondere Motivation, keine schwer erreichbaren Ziele und keine zu überwindenden Hürden.

WELCHE MATERIALIEN BRAUCHT ES FÜR DIE ARBEIT IM TEAM?

Neben einem Customer Jobs Canvas pro Kundensegment im Format A0 benötigt Ihr pro beteiligter Person mindestens einen Block an Haftnotizen. Quadratische Post-its® im Standardformat von 76 * 76 mm passen perfekt zur Menge an Informationen, die es für eine verständliche Beschreibung braucht. Abhängig von der Papieroberfläche des Canvas’ haften unterschiedliche Marken und Ausführungen unterschiedlich gut – wollt Ihr nach der Kaffeepause oder Hunderunde keine Schnitzeljagd veranstalten, wählt unbedingt die “Sticky Notes”-Variante. Glaubt mir.

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Verwendet Stifte mit einer Strichstärke, die zum leserlichen Schreiben und guter Lesbarkeit in einer üblichen Entfernung zum Canvas ‘ermahnt’. Ich empfehle aus gutem Grund Faserschreiber wie den Stabilo 88 in schwarz (Farbe 46), da die Strichstärke perfekt passt und die Tinte nicht auf leere Blätter durchschlägt. Verwendet zur Befestigung der Canvasse am besten Klebebänder, die Wandfarben oder Tapeten nicht beschädigen: ich schlage die “blue 80”-Serie von Scotch oder ähnliche Produkte für empfindliche Oberflächen vor.

SO GELINGT DIE PRÄSENTATION

Zwei Möglichkeiten eines gelingenden Starts der Vorstellung Eurer Ergebnisse möchte ich Euch anbieten: Eine Nahaufnahme – vom großen Bild ins Detail – oder eine Weitwinkelperspektive – vom Detail ins große Bild.

DER ZOOM IN DAS BUSINESS MODEL CANVAS

Möglicherweise wollt Ihr die Ergebnisse Eurer Arbeit ‘vom großen Bild ins Detail’ präsentieren, um Eure Gedankengänge nachvollziehbar zu machen: Das von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur entwickelte und im Bestseller Business Model Generation beschriebene Business Model Canvas bietet seit 10 Jahren im besten Sinn des Wortes einen Standard, mit dem Geschäftsmodelle beschrieben und getestet werden können. Hier findet Ihr das pdf zum Download.

Das Canvas vermittelt einerseits Klarheit über das aktuelle Geschäftsmodell und bildet andererseits einen verständlichen Ausgangspunkt für Eure ‘vom Kunden aus’ gedachten Ideen. Die neun Bausteine, die die vier wichtigsten Bereiche einer Organisation abbilden, beschreiben Eure wichtigsten Kunden, den Nutzen Eures Angebotes, die notwendige Infrastruktur und die finanzielle Überlebensfähigkeit.

Euer Vorteil bei der Verwendung des Business Model Canvas’ als Einstieg ergibt sich aus dem überschaubaren geistigen ‘Aufwand’ Eurer Zuhörer zur Einarbeitung: Die Struktur mit neun Elementen ist erfahrungsgemäß auch den mit dem Canvas nicht vertrauten Personen in fünf Minuten erklärt. Von dort aus ist es einfach, den ‘Zoom’ in die einzelnen Kundensegmente nachvollziehbar zu machen.

Der Wechsel vom mit dem im Business Model Canvas dargestellten ‘großen Ganzen’ und den Details in Form der im Customer Jobs Canvas gezeigten Fragen nach der Motivation der einzelnen Kundensegmente gelingt problemlos ohne Medienbruch und erlaubt Eurem Gegenüber, Euren Argumenten zu folgen und gleichzeitig das große Bild nicht aus den Augen zu verlieren.

DER ZOOM AUS DER USER STORY ODER DER CUSTOMER STORY

Möglicherweise wollt Ihr die Ergebnisse Eurer Arbeit ‘vom Detail ins große Bild’ präsentieren, um die Notwenigkeit von Aktivitäten anhand weniger knackiger Beispiele nachvollziehbar zu machen: Dazu eignen sich User Stories oder Customer Stories gut.

Nichts falsch an der User Story, die ihren Ursprung im agilen Projektmanagement hat, genauer im Product Backlog, das wiederum Anforderungsdokumente wie Lasten- oder Pflichtenhefte ersetzt. Das Product Backlog zählt alles auf, was zu einer erfolgreichen Auslieferung eines Produktes gehört. Die User Storybeschreibt eine Produkteigenschaft aus der Sicht eines Nutzers, ihre Form ist eher einfach:

  • Als (Persona) möchte ich (bestimmte Funktionalität), um (davon Nutzen zu haben).

Sven Winkler nennt dafür das Beispiel “Als Stammkunde Ralf Müller möchte ich eine Benachrichtigung, damit ich erkenne, ob meine Bestellung erfolgreich im System eingegangen ist”. Diese und ähnliche Beschreibungen sind völlig in Ordnung, wenn es sich um ‘erwachsene’ Produkte oder Dienstleistungen handelt oder um die Verbesserung des aktuellen Angebotes. Sie lassen aber meiner Meinung nach zu viel Raum für Annahmen rund um die Kunden und deren Nutzung des Angebotes. Dazu kommt, dass die Kausalität völlig fehlt – was genau veranlasst den Wunsch des Kunden Ralf Müller?

Solltet Ihr in Eurer aktuellen Phase ein neues Angebot konzipieren und testen wollen, ist die Betonung des Wer und des Wie möglicherweise kein guter Start: Unter anderem der räumliche und zeitliche Kontext fehlen hier, und – viel wichtiger – das Warum fehlt ebenfalls. Ich lade Euch daher ein, diesen Vorschlag auf Brauchbarkeit zu testen:

  • Wenn (Situation), dann möchte ich (Motivation), um zu (gewünschtes Ergebnis).

Das vorherige Beispiel könnte dann so klingen: “Wenn ich mit dem Smartphone von unterwegs bestelle, möchte ich Gewissheit, dass die Bestellung beim Lieferanten ankam, um meine Reise entspannt fortsetzen zu können”. Der Dreiklang aus Situation, Motivation und Resultat ergibt eine schlüssige und nachvollziehbare ‘Geschichte’. Nun werden der Kontext und die Kausalität klar, und das Warum jedes Kundensegmentes wird ebenfalls kurz und knackig beantwortet.

PS: DARF ES EIN WENIG WENIGER SEIN?

Wenn Ihr Eure Erkenntnisse möglichst kurz darstellen wollt, ist das Format des Customer Jobs Canvas’ viel zu umfangreich. Kein Geheimnis. Aus diesem Grund habe ich die Optionen kurzer Präsentationen durchforstet und daraus eine sehr einfache Formel zusammengestellt. Diese Formel habe ich ausführlich auf Reaktionen des Publikums getestet und nenne sie den Fünf-Sekunden-Pitch. Gerne auch den gefürchteten Fünf-Sekunden-Pitch. Testet sie gerne ebenfalls, ob sie Euch nützt:

  • Unser (Produkt oder Dienstleistung) hilft (wichtigstem Kundensegment) bei (wichtiger funktionaler Aufgabe), indem es (Lösung, ohne in ‘technische’ Details zu gehen) bietet und so (wichtige emotionale oder soziale Aufgabe) beantwortet

Ein Beispiel könnte “Ein illustriertes Strategiebild hilft Projektleitern bei der Präsentation gegenüber der Geschäftsleitung, indem es die Unternehmensstrategie nachvollziehbar und lebendig darstellt und die Projektleiter so stressfrei präsentieren und kompetent wirken lässt” lauten.

Ein weiteres gutes Beispiel liefert der Fahrservice Blacklane unter der Überschrift “Peace of Mind”: “Blacklane’s realtime service monitoring, integrated flight tracking and 24/7 customer case ensure on-time pickups and avoid unnecessary charges for waiting time”. Alles gesagt: Die wichtigsten emotionalen Aufgaben der Kunden, nämlich einerseits rechtzeitig abgeholt zu werden und andererseits keine Gebühren für Wartezeiten bezahlen zu müssen, werden hier betont und mit dem Ergebnis “Seelenfrieden” überschrieben.

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So schafft Ihr einen Einstieg, der kurz genug ist, um ausreichend zu informieren und doch neugierig auf mehr macht. Gutes Gelingen für Eure ‘vom Kunden aus’ gedachten Produkte und Services!

innoWerft Gastbeitrag von | Dr. Reinhard Ematinger
Experte für Geschäftsmodellinnovation
Reinhard lädt Führungskräfte ein, ihre Produkte und Dienstleistungen aus der Sicht ihrer Kunden zu “denken”. Mehr als 100 Semester Vorlesungen, mehrere Bücher und mehr als 20 Jahre Erfahrung in Beratung, Business Development und Corporate Universities sorgen für die Relevanz seiner Arbeit.
LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/ematinger/


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Wettbewerbsanalyse – Leitfaden für Dein Startup

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„WETTBEWERBSANALYSE? BRAUCHEN WIR NICHT!“

Solche oder ähnliche Sätze höre ich in meiner Arbeit als Startup Coach häufiger. Im Pitchdeck von Startups in der frühen Phase fällt auf, dass vor allem der Bereich Wettbewerbsanalyse entweder gänzlich fehlt oder wenig durchdacht gestaltet wurde.

Allerdings ist die Wettbewerbs-Slide in jeder Pitchdeck-Vorlage eben ein Standard-Bestandteil. Häufig findet man hier eine Matrix mit 2-5 Wettbewerbern. Diese werden anhand von verschiedenen Eigenschaften mit dem eigenen Startup verglichen (siehe Beispiel-Graphik). Grundsätzlich ist an dieser (oder anderen) Darstellung per se nichts auszusetzen. Wenn die Vergleichsachsen oder -kategorien auf Basis einer validen Analyse herausgearbeitet wurden.

Typische Darstellung einer Wettbewerbsanalyse in einem Pitchdeck

Wenn man als Startup Coach dazu allerdings Nachfragen stellt, erntet man häufig fragende Blicke. Völliges Unverständnis oder sogar eine leichte Empörung. Denn schließlich „sind wir die einzigen, die das (so) machen“. Und „Konkurrenz gibt es in diesem (neuen/ innovativen/ einzigartigen) Bereich einfach nicht“.

DIE MEHRWERTE DER WETTBEWERBSANALYSE FÜR DEIN STARTUP

Es ist nachvollziehbar, warum man als Gründer nicht erpicht darauf ist herauszufinden, dass man in manchen Bereichen als gleichwertig oder sogar schlechter als andere Angebote am Markt empfunden wird. Genau das herauszufinden ist aber essentiell.

Denn selbst um einen Blauen Ozean[1] zu erschließen und der Konkurrenz auszuweichen, ist es zunächst notwendig die aktuellen Dynamiken, Standards und Regeln des Wettbewerbs zu verstehen, um eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, was man als Gründer anders machen möchte. Und trotz Weisheiten wie „Obsess Over Your Customers, Not Your Rivals“ [2] ist doch ein Grundverständnis darüber, wer die Konkurrenz eigentlich ist und wie man sich von ihr abgrenzt, notwendig für das eigene Selbstverständnis, die Kommunikation mit Stakeholdern und verschiedenste strategische Entscheidungen.

Dabei können eine gute Wettbewerbsanalyse und damit einhergehende Positionierung für Startups besondere Mehrwerte bieten, auch über den allgemeinen Hinweis hinaus, dass jedwede Art von Entscheidung grundsätzlich besser getroffen werden kann, wenn ihr handfeste Informationen zu Grunde liegen. Darunter befinden sich:

  • Aufbau eines Verständnisses für das Wettbewerbsumfeld,
  • Inspiration (abgucken ist erlaubt und auch die Fehler anderer zu vermeiden),
  • Gesprächsgrundlage für Investoren (klare Positionierung am Markt und ein gutes Verständnis von Wettbewerbern und Konkurrenten beeindrucken bei jedem Pitch),
  • Entwicklung stärkerer, wettbewerbsfähigerer Geschäftsmodelle durch eine Überprüfung der Machbarkeiten. Zum Beispiel im Bereich Preisgestaltung und Erlösmodell,
  • Gesprächsgrundlage für Kunden (man sollte immer die Vor- und Nachteile von anderen Angeboten verfügbar haben),
  • Unterstützung bei der Suche nach potentiellen Partnern und Kooperationen (denn manche Unternehmen, die zunächst als Konkurrenten identifiziert werden, bieten sich unter Umständen auch als Partner an).

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DAS VORGEHEN

AUSGANGSPUNKT, ZIELE UND VORGEHEN DEFINIEREN

Grundsätzlich muss der Zweck definiert werden, mit dem man an die Wettbewerbsanalyse herantritt. Beispielsweise die allgemeine Positionierung oder die Überprüfung des (oder Teilen des) Geschäftsmodells, wie beispielsweise des Preismodells. Weiterhin sollten die Rahmenbedingungen und der Ausgangspunkt der Analyse festgelegt werden. Zum Beispiel: wer ist verantwortlich für die Durchführung? Wo werden Informationen gesammelt? von welchem Marktproblem, Kundensegment und Lösung gehe ich derzeit aus? Dies kann sich durch Pivots durchaus ändern. Und verändert somit auch die Konkurrenzlandschaft, in der sich das Startup befindet.

WETTBEWERBER UND KONKURRENTEN FINDEN

Ein nächster wichtiger Schritt ist die Identifizierung von Wettbewerbern. Denn keine Konkurrenz gibt es nicht. Sollte man als Gründer das Gefühl haben ohne Konkurrenz zu sein, gilt es sich ehrlich zu hinterfragen, ob es für das angebotene Produkt eine Nachfrage gibt oder geben kann. Verschiedene Gedankengänge können bei der Identifizierung helfen. Der wichtigste Wettbewerber ist der Status Quo des Kunden, das heißt „wie löst er das Problem heute“. Aber auch wofür gibt der Kunde sonst sein Geld aus oder wie verbringt er sonst seine Zeit? Welche Firmen befinden sich in derselben Industrie? Nutzen sie dieselben Distributionskanäle? Haben sie dieselbe Kundengruppe oder nutzen dieselbe Technologie? Auch interessant ist, wer potentiell ein Konkurrent werden könnte. Oder welches Unternehmen schon mal probiert hat, eine ähnliche Lösung auf den Markt zu bringen und daran gescheitert ist (und warum)?

INFORMATIONEN SAMMELN

Zu den identifizierten Wettbewerbern und Konkurrenten müssen Informationen gesammelt werden. Achtung: diese Liste ist vermutlich nie vollständig und muss immer wieder aktualisiert werden. Eine Datenbank anzulegen ist sinnvoll, um später wieder darauf zurückgreifen zu können. Jedes Startup muss darüber nachdenken, wie es Informationen zu den einzelnen Wettbewerbern sammelt: eine Internetrecherche ist zwar schnell und liefert sicherlich einige erste Informationen, wie Größe, Alter, Kapitalgeber, Kundensegment und Value Proposition, allerdings sind die Erkenntnisse, die man aus Interviews mit Kunden oder (Mitarbeitern) der Konkurrenz gewinnt aufwendiger zu erlangen, aber deutlich wertvoller. Grundsätzlich sollten Informationen zu allen Geschäftsmodellkomponenten des Wettbewerbers gesammelt werden.

INFORMATIONEN ANALYSIEREN

Das Teilen und Diskutieren der erlangten Informationen ist hilfreich, um Erkenntnisse daraus abzuleiten. Die Analyse der Informationen soll dazu führen einen Überblick über das Wettbewerbsumfeld zu erlangen. Außerdem um bestehende Standards, Trends und kritische Erfolgsfaktoren zu erkennen. Wichtig ist hierbei ein offenes Mindset zu behalten. Wie eine reine Bestätigung von bereits vorherrschenden Meinungen zu vermeiden. Sowie auch eventuell neue Möglichkeiten zu erkennen.

EIGENE MARKTPOSITIONIERUNG ENTWICKELN

Aufbauend auf der Analyse kann das eigene Produkt und das Startup positioniert und abgegrenzt werden. Eine Positionierung muss klar und eindeutig sein. Ob dies im Einzelfall gelungen ist, sollte mit Investoren, Industrieexperten und/ oder natürlich dem Kunden überprüft werden. Die Unterscheidungsmerkmale müssen bewusst gewählt werden. Diese sollten:

  • Vom Kunden wahrgenommen werden
  • Wichtig aus Sicht des Kunden sein, und
  • Nicht leicht nachzuahmen sein.

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FAZIT

Die Wettbewerbsanalyse ist eine ungeliebte Aufgabe in Startups. Denn es ist erheblicher Aufwand notwendig. Sie muss sorgfältig durchgeführt werden um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Richtig angewandt kann die Wettbewerbsanalyse für dein Startup zu einem nützlichen Tool werden. Durch das man Ideen generiert, Wettbewerbsvorteile erkennt und Investoren überzeugt. Mit anderen Worten ein wichtiger Baustein zum Erfolg!

Gastbeitrag von Nadja Hatzijordanou

Teamleiterin und Hauptansprechpartnerin der E-School

Hasso-Plattner-Institut für Digital Engineering gGmbH


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Besser als der Zufall – Jobs to be Done

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Jobs to be Done im Einsatz…Es war Ende 2015, als ich mich in einer Bar mit einem befreundeten Unternehmer traf. Dieser hat vor ein paar Monaten sein Startup gegründet. Ich wollte von ihm hören, wie es ihm geht und vor allem, wie es mit seiner Geschäftsidee voranging. Seine Idee war es, eine App zu programmieren, die Partygängern aus dem Rhein-Main-Gebiet und später in anderen Regionen zeigen sollte, „was in Clubs und Bars so abgeht“. Er und seine Firma wollten die Stadt noch spannender machen. Der Use Case wurde wie folgt beschrieben:

„Freitagabend, Ihr wollt ausgehen, wisst aber noch nicht recht wohin? Keine Lust, das Netz zu durchwühlen? Euch kann geholfen werden: Seit Mai gibt es genau dafür eine neue Smartphone-App. Die zeigt Euch nun live und in Echtzeit an, in welchem Club wo wieviel los ist. Und sogar auch, ob es gerade Sonderaktionen gibt. Das Ganze funktioniert anonym und ohne Anmeldung. Handy zücken und wissen, was am Abend aktuell abgeht!“ – das war die Idee der App.

Mein Freund und Firmenchef war viel in fremden Städten unterwegs. Ihn ärgerte aber, dass er nie wusste, wo was gerade abging. Er ärgerte sich folglich immer, dass Disco oder Club entweder leer oder rappelvoll waren. „Also musste eine Lösung her.“ Die Anwendung maß über Sensoren in den Clubs die aktuelle Zahl der anwesenden Partygänger. In der App wurde dann angezeigt, zu wieviel Prozent der Club gefüllt ist.

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MÖGLICHST BALD LERNEN, WORAUF ES ANKOMMT DURCH JOBS TO BE DONE

Nach wenigen Monaten wurde das Unterfangen eingestellt. War die Idee schlecht? Keinesfalls. Hat es an der Umsetzung gelegen? Auch das war nicht der Grund. Einer der Hauptgründe lag darin, dass erst sehr spät erkannt wurde, wie und bei welchem Beteiligten des Nightlife-Ökosystems ein ausreichender Mehrwert mit der Technologie hätte geleistet werden können.

Eine methodische Analyse bspw. mit dem Jobs to be Done-Ansatz, hätte untersucht, welche Jobs heutzutage nur unbefriedigend erledigt werden. Dieses Vorgehen, hätte von den Beteiligten, wie den Club-Gängern, Clubbesitzern, aber auch Verantwortlichen der Getränkeindustrie in Erfahrung gebracht, welche Dinge ihnen besonders wichtig sind. Auf diese Jobs hätte die Lösung fokussiert werden können. Nach einiger Zeit in Produktion wurden die Annahmen, wie ein Mehrwert erzeugt werden kann, nämlich invalidiert, ein Pivot gemacht und erst (zu) spät erkannt, für wen und wie der eigentliche Nutzen hätte erzeugt werden können.

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ENTGEGEN DER VERBREITETEN DENKWEISE

Denkt man an Innovationen, so denkt man heute meist zu allererst an Technologie, Produkte, Dienstleistungen, Marken, vielleicht noch an neue Geschäftsmodelle. Meist denkt man aber nicht zu allererst an den Fortschritt, den Menschen erzielen wollen und die Möglichkeit, Menschen ihr Ringen um Fortschritt zu vereinfachen. Doch „Innovationen“ taugen nichts, wenn nicht klar ist, wem man wie eine wesentliche Verbesserung ermöglichen kann.

Denn wen interessieren Produkte, wenn man mit ihnen keinen Fortschritt machen kann, wenn zu viele Fragen und Zweifel existieren, die neue Lösung könne wirklich helfen? Und andererseits, wer bleibt bei einem Produkt „kleben“, wenn er etwas anderes, besseres oder günstigeres nutzen kann, um das selbe Bedürfnis zu befriedigen. Es kommt darauf an, Menschen Dinge zu ermöglichen, die sie vorher nicht tun konnten, oder diese wesentlich besser, schneller, günstiger oder sicherer.

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WER EFFEKTIV INNOVATIONEN SCHAFFEN WILL, SOLLTE MENSCHEN HELFEN, FORTSCHRITT ZU MACHEN

Wer technologische Verbesserungen nicht als Selbstzweck sieht und versteht, dass letztendlich der Kunde entscheidet, was eine Innovation ist und was nicht, hat gegenüber Menschen mit alleinigem Technologie-Fokus einen enormen Vorteil. Die Art und Weise, wie gut wir den Fortschritt verstehen, den Menschen machen wollen, welche Dinge dem Fortschritt im Wege stehen, welche Strategien Menschen anwenden um Fortschritt zu machen, geben uns erst das richtige Bild, um darauf effektiv zu reagieren. Kunden können verschiedene Dinge „beauftragen“, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Um ein Meeting durchzuführen kann man beispielsweise einen Besprechungsraum beauftragen oder alternativ Telefonkonferenzlösungen oder Webinar-Software.

Die Anwendung der Jobs to be Done-Theorie hat uns geholfen, einen Durchbruch in unserem Verständnis von Kundenbedürfnissen zu erreichen.

Jonas Kunze, Co-founder, flyingshapes GmbH

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AUFGABEN ERLEDIGEN („JOBS TO BE DONE“) UM FORTSCHRITT ZU MACHEN

Jobs to Be Done ist eine mächtige Metapher, die es uns ermöglicht, besser zu verstehen, was Kunden wollen und unser Selbstverständnis zu ändern. Sie ermöglicht uns eine Position als Dienstleister einzunehmen, der sich die zu erledigenden Aufgaben unserer Kunden zu eigen macht und all seine Mühen darauf richtet, diesen Job bestmöglich zu erledigen. Dazu müssen wir die Aufgabe des Kunden genauestens verstehen, sowie die Umstände, unter denen sie erledigt werden sollen. Wir definieren uns also nicht mehr über unser Produkt oder über unsere Dienstleistung, sondern über den Nutzen, den wir dem Kunden ermöglichen. Diese Sichtweise ist nachhaltiger, als sich über ein Produkt zu definieren, denn Technologie und Möglichkeiten ändern sich ständig, die „Jobs“ aber bleiben relativ beständig.

EIN AUSWAHLPROBLEM

Kunden können sich ständig neu entscheiden – auch situativ – ob sie eine Aufgabe lösen wollen und wenn ja, auf welche Weise. So kann ich beispielsweise bei Schlafstörungen durch Rückenprobleme versuchen, die Matratze zu wenden, ein Brett unter die Matratze legen, ein Schlafmittel oder Schmerzmittel nehmen, oder sogar mit dem ungelösten Problem leben. Im Grunde genommen geht es, wenn wir Produktverbesserungen oder gar großartige Innovationen schaffen wollen darum, Lösungen anzubieten, die die bestehenden ausstechen. Die Anwendung der Jobs to be Done-Theorie kann sogar manchmal zu einer Einschränkung der Produkt- oder Dienstleistungsfunktionen führen, denn wenn das Produkt auf den Job fokussiert ist, ist es einfacher zu bedienen und zu verstehen.

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AUF DEN JOB FOKUSSIEREN

Auf den Job des Kunden zu fokussieren hilft Euch, die notwendige Klarheit zu erhalten, die notwendig ist, das „Kunden-Problem“ zu verstehen, zu beschreiben und dann mit Euren Produkten und Dienstleistungen zu erledigen. Diese Klarheit ist eine der Grundvoraussetzungen für das Gelingen Eurer Geschäftsidee. Je besser Ihr den Job verstehen lernt, desto besser könnt Ihr Eurer Angebot darauf abstimmen.

Ganz konkret, hat uns der Fokus auf „Jobs“ in die Lage versetzt, die Aufgaben zu verstehen, die Kunden erledigen wollen und mit unserem Produkt einen entscheidenden Fortschritt im Ablauf des Design-Prozesses zu realisieren.

Jonas Kunze, Co-founder, flyingshapes GmbH

Weitere Informationen zur Jobs to Be Done-Theorie, welche Anwendungsbereiche und Werkzeuge existieren, erhaltet Ihr über: https://jtbd.de

Gastbeitrag von Eckhart Böhme
Autor, Sprecher, Trainer und Coach


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18 Fehler die ein erfolgreiches Startup vermeiden sollte!

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Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht aus jeder Idee einmal ein erfolgreiches Unternehmen wird. Bei allem Respekt, den wir dem »heroischen Scheitern« des Entrepreneurs zu Recht entgegenbringen. Es ist Schicksal, dass 95 Prozent der Startups es nicht schaffen.

Als Gründer lerne ich aus meinen Fehlern und Irrtümern. Aber ich muss nicht jeden Fehler machen, um erfolgreich zu werden. Im Folgenden habe ich ein paar Fehler und Irrtümer zusammengestellt, die ich auf die harte Tour zu vermeiden gelernt habe.

1 Vom Startup Genom zur Unternehmens-DNA
2 Nur die Harten komm‘ innen Garten…
3 »11 Freunde sollt Ihr sein«
4 Wir verstehen uns prima!
5 Ähnlich währt am längsten?
6 Selbstorganisation statt Führung
7 Chaos ist kreativ!
8 Wir müssen unsere Idee geheim halten!
9 Der Kunde ist König!
10 Eine gute Idee/Produkt/Dienstleistung verkauft sich von selbst!
11 Verkaufen kann ich nicht/will ich nicht!
12 Verkaufen macht jemand anderes
13 Marktforschung – her mit den Zahlen!
14 Business Case? Na klar, aber wozu?
15 Detaillierte Strategische Planung ist Zeitverschwendung.
16 Zuerst: Realismus zerstören
17 Alles allein!
18 Kapital ist wie Botox: viel hilft viel!

1. VOM STARTUP GENOM ZUR UNTERNEHMENS-DNA

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Verschiedene Phasen liegen auf dem Weg vom Startup zum erfolgreichen Unternehmen. Die Übergänge sind wie alle Entwicklungskrisen immer schwierig. Was die Sache nicht einfacher macht. Gerade ich als Gründer muss diese Entwicklungen nicht nur nachvollziehen, sondern ich muss sie selbst aktiv gestalten. Dafür muss ich nicht nur die Organisation, dafür muss ich mich zuallererst selbst weiter entwickeln.

Unzählig sind die Beispiele, in denen Gründer ihre eigenen Unternehmen verlassen mussten. Ein Entrepreneur, der selbst im Startup-Modus verharrt, ist eine tödliche Gefahr für das Unternehmen, das er selbst aufgebaut hat.

Es geht also nicht nur darum, die Frühphasen erfolgreich zu überstehen. Ich muss mich und das Startup auf Herausforderungen vorbereiten, mit denen ich jetzt noch gar nicht rechnen will. Von Anfang an geht es nicht nur darum, eine Idee zur Innovation zu machen und zu diffundieren. Ich muss eine Organisation aufbauen, die als Unternehmen lebens- und entwicklungsfähig ist.

Um die notwendigen Entwicklungskrisen erfolgreich zu meistern, muss ich als Gründer (oder Gründungsteam) von Anbeginn an die Evolution der Organisation im Blick haben. Und während in den weiteren Entwicklungsphasen immer stärker in den Fokus nehmen.

So kann ich die Ko-Evolution von Markt, Produkt und Unternehmen aktiv mitgestalten.

2. NUR DIE HARTEN KOMM‘ INNEN GARTEN…

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Es ist nicht nur spannend, Entrepreneur zu sein. Gerade im deutschen Startup-Mekka Berlin ist es auch ungeheuer hip. Besucher aus anderen Startup Ökosystemen wundern sich regelmäßig über den angeblich geringen Business-Scharfsinn in der Berliner Szene.

Aber es gibt auch anderswo Merkwürdigkeiten, die Erfolg eher vereiteln als fördern können. Zum Beispiel die weit verbreitete Titel-Inflation auf Visitenkarten. Da sind viele bereits CEOs (oder andere C Os), bevor das Unternehmen überhaupt offiziell gegründet oder noch nicht einmal eine GmbH, geschweige denn eine AG ist.

Jim Collins hat durch seine Forschungen validiert, dass es die Kombination zweiter Eigenschaften ist, die wirklich herausragende Unternehmensführer ausmacht: Enorme Willenskraft und persönliche Demut – eine erstaunliche Paarung. Ich arbeite dran. Das mit der Willenskraft haben mir andere schon bescheinigt.

Auf jeden Fall sind die Last der Verantwortung und der daraus resultierende psychische Druck, die auf mir als Entrepreneur lasten, ungeheuer hoch. Außer meinen eigenen Coping-Strategien finde ich ein starkes persönliches Netzwerk und gute Mentoren hier extrem hilfreich.

3. »11 FREUNDE SOLLT IHR SEIN«

Entsprechende Untersuchungen zeigen, dass Freundschaft oder auch nur die Länge der Bekanntschaft der Gründer untereinander keiner validen Prädikatoren für den Erfolg einer gemeinsamen Unternehmung sind.

Freundschaft kann sich aus der Zusammenarbeit im Startup und späteren Unternehmen entwickeln, ansonsten ist sie eher hinderlich als nützlich. Zusammen zu arbeiten unter den Bedingungen extremer Ungewissheit und Unsicherheit erfordert oftmals harte Entscheidungen.

Als Gründer wie als Leiter eines Unternehmens habe ich schlechte Karten, wenn ich von allen geliebt werden will. Respektiert zu werden, ist entscheidend, und gerade das werde ich nicht, wenn ich Everybody’s Darling sein will.
Überhaupt: Eines, wenn nicht das wichtigste Wort im Berufsleben jeder Führungskraft lautet: »Nein«. Angesichts des Übermaßes an Arbeit, Informationen, Anfragen stehe ich auch als Gründer jeden Morgen mit der Frage vor dem Schreibtisch: »Wen alles werde ich heute ohne schlechtes Gewissen alles enttäuschen?«.

Unter Freunden ist es nicht immer einfach, sich zu einigen, wer entscheidet, was getan wird – und mit Nachdruck dafür zu sorgen, dass es auch getan wird. Meine Sehnsüchte nach harmonischen Freundschaftsbeziehungen kann ich weder in einem Startup noch in einem Unternehmen befriedigen. Schon gar nicht als Gründer.

4. WIR VERSTEHEN UNS PRIMA!

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In unserem Gründerteam herrscht eitel Freud‘ und Sonnenschein. Daraus zu schließen, dass es tatsächlich ein gemeinsames Bild der Situation, ein gemeinsames Verständnis des Produktes, des potentiellen Marktes etc. gibt, kann ein fataler Fehler sein.

Gerade zu Beginn ist unsere Erkenntnislage gering: Über etwas, dass es noch nicht oder nur als Prototypen gibt, kann man noch nicht viel wissen.

Ein Startup ist ein gemeinsamer Lern- und Entwicklungsprozess. Dabei ist Dissens produktiver als vorschneller Konsens.

Wenn wir sehr schnell einer Meinung sind, kann dies zwei Ursachen haben:

  • Generelle Scheu vor Konflikten und/oder
    ·Mangelnde Durchdringung der Materie und ihrer inhärenten Widersprüche.

Entscheidungen, die nicht auf ausgetragenen Konflikten und Klärung der Widersprüche beruhen, führen zu nichts (Gutem). Sie werden – das liegt in der Natur der Sache – auch nicht konsequent umgesetzt: nothing really gets done! Da lobe ich mir doch Alfred P. Sloanes Kultur des konstruktiven Dissenses.

5. ÄHNLICH WÄHRT AM LÄNGSTEN?

Wir verstehen uns am besten mit und vertrauen am schnellsten den Menschen, die uns ähnlich sind. Das ist die Grundlage von GroupThink mit der die fatale Neigung, dass wir uns von der Realität weitestgehend ablösen.

Fünf Ingenieure werden sich ebenso schnell in Grundfragen einig wie fünf Vertriebler. Leider führt diese Einigkeit nicht dazu, dass die Produkte (schneller) auf dem Markt Erfolg haben. Die besten Ergebnisse erzielen Startups, die von Teckies und Wirtschaftlern gemeinsam geführt werden.

Nicht nur hinsichtlich des Fachwissens, auch hinsichtlich der Persönlichkeiten sind produktive Teams inhomogen, divers. Ohne die lästigen »Bedenkenträger«, »Buchhalter« und »advocati diaboli« bekommt unser Startup hat ein Gratis-Ticket von Nirwana Airlines (nur Hinflug).

6. SELBSTORGANISATION STATT FÜHRUNG

Kein wirkliches Team ohne Führung. Im Prozess der Teambildung emergiert Führung. Das ist Gruppendynamik. Zumindest, wenn sie funktioniert.

Wenn ich allerdings Führung verwechsele mit Antreiben, mit narzisstischer Selbstverwirklichung und despotischer Willkür habe ich nicht verstanden, worum es geht – und führe nicht.

Führung beruht darauf, dass eine Person von anderen dazu ermächtigt wird, sie zu führen. Genauso schnell, wie sie verliehen wird, kann diese Führungsmacht mir auch wieder abgenommen werden. Führung beruht auf Vertrauen. Das kann man bekanntlich entziehen.

Wird die Führungsfrage im gruppendynamischen Prozess der Selbstorganisation meines Teams nicht geklärt, bleibt es imperformant. Es verbraucht seine Energie im Inneren, in den Kämpfen um Macht und Einfluss. Und meine auch.

7. CHAOS IST KREATIV!

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Chaos ist mitnichten kreativ – Kreativität schafft vielmehr eine neue, geeignete Ordnung aus dem Chaos. Oder dem vermeintlichen Nichts. Kreativität schafft Bedeutungszusammenhänge zwischen Ideen, Gedanken und Dingen, die es so bisher nicht gab: Neue Ordnung. Genau das macht der Entrepreneur, wenn er kreativ ist.

Völlig unproduktiv ist Chaos in der Zusammenarbeit von Menschen, auch in Gründungsteams. Wenn jeder alles macht oder für alles zuständig sein soll, kommt am Ende kein Ergebnis zustande.

Nicht erst, wenn es darum geht, dem Unternehmen eine tragfähige Struktur zu geben, kommt es darauf an, klare Verantwortungen zu definieren und Verantwortungsbereiche voneinander abzugrenzen. Erfolgsentscheidend ist schon in der ganz frühen Phase die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Bereiche, das Ineinandergreifen möglichst koordinierter und disziplinierter Arbeitsprozesse. Das Chaos ist ja sowieso da. Wir müssen es nicht noch vergrößern!

Es geht ja auch nicht nur um die Aufgabe, ein Produkt zu entwickeln und einen Markt dafür zu schaffen – ganz von Beginn an muss auch eine Organisation gestaltet werden, die die erhoffte Nachfrage befriedigen können wird. Hieran scheitern die meisten jungen Unternehmen.

8. WIR MÜSSEN UNSERE IDEE GEHEIM HALTEN!

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Mit meinen genialen Ideen könnten ich alle Wände ganz Berlins tapezieren. Mal im Ernst: Eine geniale Idee zu haben ist einfach im Vergleich dazu, ein Produkt zu entwickeln und erfolgreich auf den Markt zu bringen.

Auch die Samwer-Brüder sind schlau genug, keine Ideen zu klauen. Sie übernehmen validierte Geschäftsmodelle. Und ihre wirkliche Stärke liegt darin, Unternehmen aufzubauen, die Geschäftsmodelle unter schwierigen Bedingungen erfolgreich umsetzen: Operational excellence to get things done.

Wie will ich eine Geschäftsstrategie entwickeln ohne Iterationen, ohne Feedback vom potentiellen Markt? Wie will ich Feedback zu einer Idee bekommen, mit der ich mich im stillen Kämmerlein einschließe? Was ist überhaupt eine »gute Idee«? Für ein Unternehmen doch nur etwas, das Andere haben wollen. Nicht als Idee, als Produkt.

9. DER KUNDE IST KÖNIG!

»Es ist nicht leicht, unter einem solchen Kanzler Kaiser zu sein«, sagte Wilhelm I. über Bismarck.

Kunden wissen in der Regel nicht, was sie wollen. Sie wissen in der Regel nicht, was wirklich das Problem ist, und haben eine starke Neigung zu technischen Zaubermitteln für nicht-technische Probleme.

Außerdem will jeder Kunde etwas anderes. Eine ganz spezielle Lösung für dieses eine Problem, das er zwar nicht kennt, aber von dem er annimmt, dass es so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal sei.

Was kommt dabei heraus, wenn ich es vielen Königen gleichzeitig recht machen will?

Meine Kunden sind ganz normale Menschen. Mit ihnen zusammen versuche ich erst einmal zu verstehen, was denn das Problem ist. Das heißt: Wir müssen es beide verstehen. Dann kann ich eine Lösung entwickeln – eine, von der mein Kunde sagt: Genau, das ist es! Vielleicht finde ich sie selbst gar nicht so toll. Oh, was könnte ich nicht alles besser machen. Aber das interessiert meinen Kunden nicht. Noch nicht!

10. EINE GUTE IDEE VERKAUFT SICH VON SELBST

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Ein gutes Produkt ist eine Lösung für ein Problem. Das müsste doch weggehen wie geschnitten Brot?!

Typischerweise wird das Problem von meinen Kunden selbst noch gar nicht als solches wahrgenommen. Oder wenn doch, halten sie es entweder nicht für wichtig. Eventuell auch eine Lösung nicht für möglich. Oder sogar beides. Nix mit: verkauft sich von Anfang an von selbst.

Das ist die Ausgangssituation, vor der ich stehe: Niemand schreit nach meinem Produkt. Und mein Produkt, das schöne, das exzellente? Schweigen im Walde.

Meine Ideen und Produkte sind erst dann »gut«, wenn meine potentiellen Kunden sie dafür halten. Wenn sie sie nutzten und für diese Nutzung ganz selbstverständlich bereit sind, echtes Geld zu bezahlen.

Dazu muss es erst mal kommen. Das heißt: Ich muss in jeder Phase von der ersten Idee bis zur Eroberung des Weltmarktes mein Produkt aktiv verkaufen. Dauernd, immer wieder, allen Stakeholdern.

11. VERKAUFEN KANN ICH NICHT/WILL ICH NICHT!

Welche Assoziation haben Sie als allererste, wenn Sie sich einen erfolgreichen Verkäufer vorstellen? Den schmierigen Gebrauchtwagenhändler, der optisch aufgemöbelte Schrotthaufen an hoffnungslos naive Dummköpfe vertickt? Oder den armen Klinkenputzer Willy Loman, der seinen Selbstmord als Unfall inszeniert, damit seine Familie von der Lebensversicherung leben kann?

Ich hatte genau die beiden. Zum Glück war meine Lernkurve steil genug, auch wenn meine Frau vielleicht zu Recht meint, sie hätte deutlich steiler sein können. So ist es halt: Wenn ich mein Produkt als Entrepreneur nicht verkaufen will oder nicht verkaufen kann, habe auf dem Markt nichts zu suchen.

Das habe ich gelernt: Verkaufen ist ein komplexer Kommunikationsprozess zur langfristigen Kundenbindung. Es ist ein Führungsprozess bei dem es nicht um Manipulation oder gar Betrug geht, sondern um gezielte Willensbildung.

Im Zuge dieses Prozesses erkennt der Kunde an, dass er ein Problem hat, was die Natur dieses Problems ist, was das Problem für ihn und seine spezielle Situation bedeutet, und dass die Lösung, die ich ihm anbiete, für ihn eine wirkliche Lösung eines für ihn relevanten Problems darstellt.

Ich gebe zu: Das macht mir richtig Spaß. Denn es ist eben die wirkliche Zusammenarbeit mit dem Kunden, dich ich nicht nur schätze, sondern die ich auch brauche, um mich und mein Produkt weiter zu entwickeln.

Sales Leadership bedeutet in meinen Augen, den Kunden durch diesen Prozess zu führen, ohne ihn zu manipulieren und ohne etwas zu versprechen, was ich bzw. mein Produkt nicht einlösen wird.

Der Kunde fällt seine Entscheidung selbst – für oder gegen mein Produkt. Ich kann diese Entscheidung nicht »steuern«, aber sie ist weder zufällig noch schicksalhaft. Das Ergebnis hängt davon ab, wie gut ich als Verkäufer bin.

Ich trainiere das regelmäßig. Vielleicht ist das ja der Grund, warum ich immer besser werde.

12. VERKAUFEN MACHT JEMAND ANDERES

Schön wär’s (s.o.), funktioniert aber nicht.

Nicht, solange mein Produkt keinen festen Stand in seinem Markt hat. Die Early Adopters sind dafür nicht relevant. Die probieren alles aus, vor allem, wenn es gratis ist. Nein, erst wenn ich die Konservativen und die Risiko-Vermeider erreicht habe, kann ich alles an meine »Sales Force« delegieren. Aber davon sind wir noch weit entfernt.

So lange bin ich als Gründer bzw. Leiter des Gründungsteams der erste und wichtigste Verkäufer. Ich muss nur sehr aufpassen, dass ich bei den ganzen Präsentationsterminen vor potentiellen Kunden, Partnern und Investoren mein Team nicht verliere. Nur »nach außen führen« geht gar nicht.

Wenn es soweit ist, dass das Unternehmen gesund wächst und sich strukturell differenzieren muss, erst dann macht es für mich Sinn, eine Vertriebsorganisation aufzubauen und den Vertriebsprozess zu delegieren. Vorher kommt mir kein »Vice President Sales« ins Team.

13. MARKTFORSCHUNG – HER MIT DEN ZAHLEN

Den klassischen Methoden der Marktforschung sind nur solche Märkte zugänglich, die es schon gibt. Wenn ich ein wirklich innovatives Produkt habe, gibt es keinen Markt, den ich erforschen kann.

Relevante Informationen kann ich nur gewinnen, indem ich sie aktiv schaffe. Damit ist nicht gemeint, das ich einen Business Case nach Herzenslust herbei phantasiere.

Produkt und Markt entstehen in einem koevolutionären Prozess (s.o.), der durch die Kommunikation des/der Gründer(s) mit potentiellen Kunden getrieben wird.

Von Anfang an geht es darum, das neue Produkt – oder auch nur die Idee davon – anderen zu verkaufen, potentiellen Anwendern. Nur dadurch bekommen wir die Informationen, die wir sowohl für die Weiterentwicklung des Produktes, besonders aber für dessen strategische Positionierung brauchen.

Und nur in diesem iterativen Prozess klärt sich, ob es sinnvoll ist, überhaupt weiter zu machen.

14. BUSINESS CASE? NA KLAR, ABER WOZU?

Frei nach Moltke d. Älteren: Kein Business Case übersteht die erste Berührung mit dem realen Markt. Wozu dann der ganze Stress?

Es geht um den Prozess, genauer gesagt, um dessen »Nebeneffekt«: Lernen! Wenn ich einen Business Case entwickle, muss ich mir sehr genau überlegen, wen ich mit meinem Produkt eigentlich erreichen will, und wie das gehen kann.

Wenn ich einen ordentlichen Business Case gemacht habe, sollte mir beim Hochskalieren meine Kostenstruktur nicht mehr auf die Füße fallen können. Kommt es doch gerade bei Tech Startups immer wieder vor, dass die Grenzkosten in der Wachstumsphase nicht sinken, sondern explodieren.

Und die Einnahmenseite? Zunächst einmal beruht die auf lauter Annahmen. Frage: Wie kommen die zustande? Reine Phantasie und Wunschdenken? Im Startup habe ich keinen VP Sales, den ich fragen kann, wie viele Einheiten des neuen Produktes er pro Quartal in den Markt bringen kann.

Es hilft nichts: Ich muss selbst eine Strategie für die Marktdiffusion entwickeln: Wie verkaufe ich wem mein Produkt? Wer sind meine Kunden? Was sind Primary Customers? Wie mache ich sie glücklich? Wie erreiche ich sie – und zu welchen Kosten? Was ist ihr Problem? Wie entwickle ich für eine innovative Lösung einen Markt, den es noch nicht gibt?

15. DETAILLIERTE STRATEGISCHE PLANUNG IST ZEITVERSCHWENDUNG

Je ungewisser die Zukunft, desto sinnfreier sind alle Versuche, mir und anderen mithilfe weit ausgreifender, möglichst detaillierter strategischer Planung eine Illusion von Sicherheit verschaffen zu wollen. Kluge Investoren wissen das, mit anderen braucht man seine wenige Zeit als Entrepreneur nicht zu verschwenden.

Was ich als Gründer allerdings wissen muss, und worüber wir uns im Gründungsteam unbedingt einig sein sollten: Wohin soll die Reise eigentlich hingehen? Wo wollen wir – best case – in fünf Jahren stehen?

Geht es uns um einen quick win durch einen frühen, erfolgreichen Exit, sind wir also eigentlich eher »Ideen- und Arbeitskraft-Investoren« als (zukünftige) Unternehmer?

Wenn es uns um den Aufbau unseres Unternehmens geht: Sind wir bereit, uns langfristig daran zu binden? Welche Märkte können und wollen wir adressieren bzw. aufbauen? Haben wir ein kleines, aber feines Nischenprodukt? Oder geht es um das Potential für große, multinationale Märkte?

Ohne dass wir das haben, was man landläufig eine Vision nennt – so diffus sie am Anfang sein mag – können wir weder abschätzen, ob unser Produkt die Reise dahin tragen kann, noch welche Maßnahmen und Entscheidungen wir unterwegs treffen müssen.

Auch wenn wir die Reiseroute noch nicht detailliert mit allen Etappen bestimmen können, das Ziel sollte schon einigermaßen klar sein. Welche Wege dahin führen, wird sich bei der »Geländeerkundung« finden.

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Wenn ich nur das ernst nehme, was es schon gibt, wenn ich nur Sinn für die Wirklichkeit, aber keinen für die verborgenen Möglichkeiten habe, tauge ich nicht zum Unternehmer.
Der Ausdruck des »Reality Distortion Field«, das Steve Jobs verbreitet haben soll, trifft es meiner Erfahrung nach ziemlich gut: Entrepreneure schaffen – wenn es ihnen gelingt – neue Realitäten. Sie müssen die bestehende Wirklichkeit »verzerren«, um sich und anderen Möglichkeiten aufzuzeigen und aus Möglichkeiten neue Wirklichkeiten zu schaffen.

Gerade in Deutschland herrscht ein hoher Grad an Risiko-Aversion vor. Wir sind sehr gut darin, Gründe dafür zu finden, warum etwas nicht gehen soll. Das nennen wir dann Realismus.

Den einzigen Realismus, den wir uns als Entrepreneure leisten müssen, ist zu akzeptieren, dass der Weg zu großen Zielen lang und steinig ist. Per aspera ad astram: Wer nach den Sternen greift, muss bereit sein, auch durch den Staub zu kriechen.

17. ALLES ALLEIN!

Gründer sind Helden! Ich schaffe alles – aber nicht alleine.

Das Dilemma ist fundamental, und doch situativ immer wieder gut zu lösen. Gründer sind erwiesenermaßen spezielle Persönlichkeiten mit dem starken Drang, selbst zu machen, zu entscheiden, umzusetzen.

Die richtigen Entscheidungen schnell und entschlossen zu treffen, setzt ein immenses Maß an Wissen und Detailkenntnissen über Märkte, Produkte und Verfahren voraus, dass jeder Dezentralisierung Hohn zu sprechen scheint. Entsprechend hoch ist die Neigung mancher Gründer, alle Entscheidungen an sich zu ziehen und, wenn das Unternehmen gewachsen ist, willkürlich Führungsebenen zu überspringen und von oben durchzuregieren.

Auch hier ist es entscheidend, dass der oder die Entrepreneure nicht nur die Entwicklung ihrer Produkte und zukünftiger Märkte im Blick haben, sondern von Beginn an den Aufbau einer Organisation.

Nicht nur die Auswahl der Mitgründer, auch die der 11st hires ist erfolgskritisch. Besonders spannend wird es, wenn eine neue Führungsebene eingezogen werden muss. Ein Klassiker in dieser Phase ist die »Beförderung« von verdienten und vertrauten Veteranen aus der guten alten Startup-Zeit auf Führungspositionen, die sie aus Mangel an Erfahrung, Eignung bzw. Neigung weder ausfüllen können noch wollen.

Oftmals ohne dass es uns bewusst ist, neigen wir Gründer dazu, damit eine Führungsebene zu schaffen, die wir leicht negieren und übergehen können. So wird nicht nur die Organisationsstruktur, sondern auch die Führungs- und Organisationskultur dysfunktional. Die Leistung der Organisation sinkt mit dem Wachstum, wo doch gerade das Gegenteil erforderlich ist.

Alles allein geht gar nicht. Startup, Gründung und Aufbau eines Unternehmens ist ein Lern- und Entwicklungsprozess – für uns Gründer. Das betrifft auch die Auswahl von Mitarbeitern und deren kontinuierliche Entwicklung.

Wer sehr jung gründet, ist hier naturbedingt im Nachteil. Lebenserfahrung und Menschenkenntnis bilden sich erst mit der Zeit. Aber man muss ja nicht alles von Anfang an allein können…

18. KAPITAL IST WIE BOTOX: VIEL HILFT VIEL!

Aber wozu?

Der Gedanke, jederzeit aus dem Vollen schöpfen zu können, ist ungeheuer verlockend. Und brandgefährlich.

Befeuert wird das Fremdkapitalfieber von der Szene selbst: Nicht darum scheint es zu gehen, welches Startup profitabel ist, sondern wer es geschafft hat, bei der nächsten Finanzierungsrunde die größten Summen abgezogen zu haben.

Auffällig in welchem Verhältnis Marketing-Kosten zu den Gesamtbudgets der meisten kaum oder gar nicht profitablen Startups stehen. Es scheint so, als hätten wir den Begriff Customer Acqusition Cost (CAC) aus dem Vokabular der New Economy komplett gestrichen worden. Kundenwert – was ist das?

Auch wenn es selbst in der Web Economy erstaunlich viele Beispiele für erfolgreiches Bootstrapping (Selbstfinanzierung aus dem Cashflow) gibt, kann es zwingende Gründe für Fremdkapital geben. Aber bitte nicht als Ersatz für ein valides Geschäftsmodell. Und erst recht nicht als Allheilmittel.

Gerade in Zeiten billigen Geldes verbreitet sich in unseren fremdfinanzierten, jungen Unternehmen die Tendenz, fundamentale Probleme, mit dem Geschäftsmodell, der Organisation oder der Technik mit immer neuem Kapital weg zu spritzen.

Ob es die technische Plattform eines Internet-basierten Services ist, die eine ökonomisch sinnvolle Skalierung gar nicht zulässt, ob es fundamentale Probleme der Führung (der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf), die falsche strategische Ausrichtung, eine durch ständige Zukäufe ohne PMI ruinierte Unternehmenskultur, miserable Prozesse, dysfunktionale Strukturen sind, was immer es ist, es lässt sich so lange unter den Geldteppich kehren, so lange Investoren gute Miene zum bösen Spiel machen.

Leider lassen sich mit Geld nur finanzielle Probleme lösen.

Beitrag von Peter Gräser
Senior Business Development Manager bei der innoWerft


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Startup Strategie | Produkt & Service mit Struktur vom Kunden aus denken (Teil 2)

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Dr. Reinhard Ematinger

WIE IHR MIT DEM CUSTOMER JOBS CANVAS ARBEITET

Wozu braucht Ihr ein gutes Verständnis dafür, warum Eure Kunden Produkte kaufen oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen? Die Antwort auf dieses Warum ist erfahrungsgemäß zugleich eine ernsthafte Herausforderung und einer Eurer wichtigsten Aktivposten. Bitte ich in meinen Workshops und Coachings Gründer, dieses Warum in wenigen Worten zu beantworten, sind die meisten Antworten bestenfalls vage und haben mehr mit dem Was und dem Wie zu tun als mit einer nachvollziehbaren “Logik” einer künftigen Kaufentscheidung.

Strukturiert ‘vom Kunden aus’ zu denken ist ebenso wenig wie das Geschäftsmodell einer Organisation ein Fixstern, sondern muss laufend an die Realität angepasst werden: Wettbewerber kommen hinzu, Eurer Portfolio ergänzende oder ersetzende Produkte tauchen früher oder später auf, Teile Eure Dienstleistungsangebotes werden vielleicht obsolet, rechtliche Rahmenbedingungen ändern sich, mögliche Partner bieten neue Zugänge zu Interessenten und Kunden und schaffen so neuen Nutzen und damit neue Erlösmodelle.

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Das von Sandra Schulze und mir entwickelte und vorab ausführlich getestete Customer Jobs Canvas hat sich seit Sommer 2017 zu einem brauchbaren Format entwickelt. Ladet es gerne unter als pdf-Datei zur freien Verwendung runter. Das Canvas vermittelt unter anderem einen Überblick über

  • die funktionalen, emotionalen und sozialen Aufgaben Eurer Interessenten und Kunden
    ·den räumlichen, zeitlichen oder organisatorischen Kontext, in dem sich diese Personen befinden
    ·die mit Eurem Angebot konkurrierenden Produkte und Dienstleistungen, die Interessenten und Kunden im Moment im Einsatz haben oder hatten
    ·die Kräfte, die Kunden zu einem neuen Angebot ziehen oder von einem neuen Angebot abhalten
    ·die eindeutigen Nachteile (dochdoch) Eures Angebotes und den Maßstab für ein gutes Ergebnis, jeweils aus Sicht Eurer Kunden

und macht so die Motivation der für Euch wichtigsten Kunden zum Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung nachvollziehbar.

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Das Customer Jobs Canvas wird in der unten angeführten Reihenfolge bearbeitet. Dabei sehen wir diese vier thematischen Blöcke, zu denen sich die Bausteine jeweils zusammenfassen lassen:

  • Die Bausteine 1 bis 3 bieten Raum für eine Beschreibung des gewählten Kundensegmentes, dessen Sicht der aktuellen Situation und dessen Absichten.
    ·Die zentralen Bausteine 4 bis 7 bilden die Aufgaben Eurer Kunden und den jeweiligen Kontext, in dem sich diese Aufgaben im Moment bewegen, ab.
    ·Kompensierendes Verhalten Eurer Kunden und die aus Kundensicht konkurrierenden Lösungen finden in den Bausteinen 8 bis 10 Platz.
    ·Die Bausteine 11 bis 14 listen Argumente für und gegen einen Wechsel zu neuen Angeboten auf, welche Nachteile Kunden sehen, und wie sie ihren Erfolg messen.

Lasst uns mit dem ersten Block starten, ausgehend von der Beschreibung des gewählten Kundensegmentes, und mit den Bausteinen 1 bis 3. Da das Canvas in vielen Workshops in der englischen Version verwendet wird, nenne ich neben den deutschsprachigen auch die englischsprachigen Bezeichnungen der Bausteine.

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BAUSTEIN 1: KUNDENSEGMENTE (CUSTOMER SEGMENTS)

Hier wird die Rolle der betrachteten Person beschrieben. Der Begriff “Kundensegment” meint immer eine oder mehrere Personen, die eine Rolle erfüllen, niemals eine Organisation wie eine Abteilung oder ein Unternehmen. Zielführender als wohlklingende Bezeichnungen wie “Senior Vice President Executive Education Latin America” ist die tatsächliche Tätigkeit: Verantwortet diese Person ein Budget für Maschinen und Anlagen, leitet sie den Bereich “Design und Softwareentwicklung”, ist sie die ‘oberste’ Ansprechpartnerin für Flottenkunden?

Die Kundensegmente “Einkaufsleiter”, “Lehrerin” und “Werkstattmeister” sind gute Beispiele für diesen Baustein.

BAUSTEIN 2: ZITAT (QUOTE)

Damit werden wörtliche und möglichst aktuelle Zitate des betrachteten Kundensegmentes festgehalten, die im Dialog mit Euch oder Dritten fallen. Sie repräsentieren die Sicht Eurer Kunden auf sie bestimmende Einflüsse und haben wenig mit Eurem Angebot zu tun. Um diesen Schatz an Informationen bestmöglich zu heben und später für den Einstieg in die Kommunikation Eures Angebotes zu nutzen, ist es sinnvoll, sauber zwischen “neutral wahrnehmen” und “interpretieren” zu unterscheiden. Notiert, was Ihr hört, ohne sich von Eurer – bestimmt fundierten, aber in diesem Moment nicht hilfreichen – Sicht beeinflussen zu lassen.

Reale Beispiele für diesen Baustein sind “Wir sind zu wenig marktorientiert”, “Ich möchte neue Wege gehen” und “Keine Experimente – der Betrieb muss laufen”.

BAUSTEIN 3: ABSICHT (INTENTION)

Dieser Baustein beantwortet die Frage, worin die positiven Absichten des betrachteten Kundensegmentes bestehen. Das ‘große Bild’ ist hier gefragt, keinesfalls einzelne Aktivitäten oder die später zu beschreibenden Aufgaben Eurer Kunden. Ähnlich wie der Baustein 2 helfen diese Inhalte bei Eurer künftigen Kommunikation, wenn Ihr die Absichten Eurer Kunden als Fragestellung und Ihr Angebot als Antwort darauf formuliert. Bei der Arbeit mit dem Customer Jobs Canvas unterstützt der Baustein Euch auch bei der ‘Rückkehr’ zum Thema, sollten Gedanken und Diskussionen abschweifen.

“Der Zusammenhalt des Teams ist das Wichtigste”, “Ich hätte gerne mehr Zeit für meine Kunden” und “Ich möchte mein Hotel gut positionieren” sind gute Beispiele dafür.

 

Weiter geht’s mit dem zweiten Block mit den Bausteinen 4 bis 7 und den Aufgaben Eurer Interessenten und Kunden sowie deren Kontext.

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BAUSTEIN 4: KONTEXT (CONTEXT)

Hier wird der Kontext beschrieben, in dem sich Eure Kunden befinden: Räumliche (im Büro oder im Auto), zeitliche (morgens + gehetzt oder abends + entspannt), finanzielle (geringe oder hohe Einnahmen) oder organisatorische (Startup oder Konzern) Kontexte. Der empfundene Nutzen Eures Angebotes definiert sich dadurch, wie weit Euer Angebot sie oder ihn bei den zu erledigenden Aufgaben (Bausteine 5 bis 7) unterstützten. Allerdings legt erst der Kontext diesen Nutzen tatsächlich frei: dasselbe Angebot kann in verschiedenen Kontexten unterschiedlich nützlich sein.

Beispiele sind “Der Wettbewerbsdruck nimmt zu”, “Wir liefern nur an Kunden im B2B-Segment” und “Ich nehme jetzt die U-Bahn und habe 10 Minuten Zeit für Nachrichten”.

BAUSTEIN 5: FUNKTIONALE AUFGABEN (FUNCTIONAL JOBS)

Damit wird die Frage nach den beobachtbaren Aufgaben des Kundensegmentes beantwortet. Die Bausteine 5 bis 7 sind zentral für ein strukturiertes ‘vom Kunden aus’-Denken und benötigen für brauchbare Erkenntnisse Eure volle Aufmerksamkeit. Es ist enorm hilfreich für gute Resultate der Arbeit mit dem Canvas, die neutrale Position eines Beobachters einzunehmen, der – ähnlich wie bei den Inhalten der Bausteine 2 und 3 – das Geschehen nicht zu interpretieren versucht, sondern die Frage beantwortet, was mit wem und wie gerade passiert.

“Meister telefoniert mit Kunden”, “Einkaufsleiterin trifft sich zum Strategiemeeting mit ihrem Team” oder “Lehrer korrigiert Hausarbeiten” sind dafür Beispiele.

BAUSTEIN 6: EMOTIONALE AUFGABEN (EMOTIONAL JOBS)

Hier werden die emotionalen Aufgaben des betrachteten Kundensegmentes beschrieben, die – analog zur sozialen Dimension einer Aufgabe – deutlich wichtiger als die funktionale Komponente sein können. Das genaue Hinsehen auf die positiven oder negativen Empfindungen einer Person im jeweiligen Kontext ist kein Ausflug ins Esoterische, sondern ein wesentlicher Teil der Frage, warum Interessenten und Kunden Eure Produkte kaufen, nicht kaufen, oder im Zweifel nichts unternehmen.

Beispiele sind “Das Umfeld NGO finde ich anstrengend”, “Ich freue mich auf das Meeting” oder “Ich bin vom Management frustriert”.

BAUSTEIN 7: SOZIALE AUFGABEN (SOCIAL JOBS)

Dieser Baustein beinhaltet die sozialen Aufgaben Eurer Kunden. Während die emotionalen Aufgaben ausschließlich mit den Empfindungen einer Person bei der Lösung der funktionalen Aufgabe zu tun hat, ist hier die Sicht Anderer auf diese Person zentral. Wichtig ist hier die Frage, wie die betrachtete Person in ihrer jeweiligen Rolle von anderen wahrgenommen wird oder werden will. Das können Kunden, Partner, Konkurrenten, wichtige Freunde, Lieferanten oder Soziale Medien sein.

“Ich habe den Laden im Griff”, “Ich bin die Entscheiderin (und das weiß die ganze Familie)” und “Ich möchte als vorausschauend wahrgenommen werden” sind gute Beispiele dafür.

 

Der dritte Block stellt das kompensierende Verhalten von Kunden und den konkurrierenden Lösungen mit den Bausteinen 8 bis 10 in den Mittelpunkt.

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BAUSTEIN 8: KOMPENSIERENDES VERHALTEN (COMPENSATING BEHAVIOUR)

Damit wird das kompensierende Verhalten des betrachteten Kundensegmentes skizziert: Kunden tun etwas, wovon sie zumindest ahnen, dass das Ergebnis nicht befriedigend sein wird – und Sie konkurrieren dadurch mit einem unsichtbaren und unfairen ‘Wettbewerber’. Wann immer Ihr kompensierendes Verhalten Eurer wichtigsten Kunden oder deren selbstgebastelte Notlösungen wahrnehmt, ist das ein deutliches Signal für ungenutztes Potential. Arbeiten Kunden in ihrem jeweiligen Kontext mit großem Aufwand an einer eher mittelmäßigen Lösung mit geringem Nutzen, wird Euer Angebot umso willkommener sein.

Reale Beispiele sind “Ich konzentriere mich auf das Tagesgeschäft und plane eben nicht”, “Wir kaufen in schlechter aber verfügbarer Qualität ein” und “Ich sende unzählige Mails”.

BAUSTEIN 9: AKTUELLE LÖSUNG (CURRENTLY HIRING)

Dieser Baustein beschreibt die mit Eurem Angebot konkurrierende Lösungen, die die wichtigsten Kunden im Moment im Einsatz haben, egal ob Produkt oder Dienstleistung. Noch wichtiger ist die ‘Frage hinter der Frage’, warum Eure (künftigen) Kunden diese Lösungen nutzen. Die Bausteine 8 bis 10 sind einander auf den ersten Blick so ähnlich, dass sich ein Hinweis lohnt, wie Ihr brauchbare Resultate erhaltet: Der Baustein 8 (kompensierendes Verhalten) betont das Verhalten unabhängig von eingesetzten Produkten, und die Bausteine 9 und 10 betrachten die aktuell oder damals verwendeten Produkte oder Dienstleistungen.

“Kreditkarte mit Meilensammelfunktion”, “zuverlässiger Händler um die Ecke” und “Unternehmenssimulation auf 15 Windows-Latops” sind gute reale Beispiele.

BAUSTEIN 10: KÜRZLICH RAUSGEWORFENE LÖSUNG (RECENTLY FIRED)

Hier werden die Produkte oder Dienstleistungen genannt, die Eure Zielgruppe in der Vergangenheit im Einsatz hatte, diese aber kürzlich entfernten. Noch wichtiger ist auch hier die ‘Frage hinter der Frage’, warumsie diese Lösungen rauswarfen. Die Inhalte der Bausteine 8 und 9 unterstützen Euch (ähnlich wie die der Bausteine 2 und 3) beim Einstieg in den Dialog mit wichtigen Interessenten und Kunden: Das Wissen, welche Lösungen im Einsatz sind – oder warum nicht mehr im Einsatz sind – sorgt für enorme Vorteile bei der Kommunikation Eures ‘vom Kunden aus’ gedachten Angebotes.

Reale Beispiele dafür sind “QR-Codes auf Kärtchen (von Gästen kaum genutzt)”, “Flipchartständer (nicht robust genug)” und “SAP Enterprise Support (zu teuer)”.

 

Der vierte und letzte Block beschreibt mit den Bausteinen 11 bis 14 unter anderem die Argumente für und gegen einen Wechsel zu neuen Angeboten.

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BAUSTEIN 11: DEN WANDEL UNTERSTÜTZENDE KRÄFTE (FORCES COMPELLING CHANGE)

Dieser Baustein beschreibt die Einflussfaktoren, die Kunden durch eine Kombination aus ‘Druck’ und ‘Zug’ in die Richtung eines neuen Angebotes bewegen: ‘Druck’, beispielsweise durch eine als unangenehm wahrgenommene Situation, und ‘Zug’ durch ein attraktives neues Angebot. Ein ‘vom Kunden aus’ gedachtes und gestaltetes Angebot nutzt das Zusammenspiel dieser Kräfte, die ‘Druck’- und ‘Zug’-Kräfte brauchen einander. Haben Kunden keinen ausreichenden Antrieb, etwas zu ändern, oder versprecht Ihr eine befriedigende Lösung nicht glaubwürdig und spannend genug, werden Kunden Euer Angebot nicht annehmen.

“Die Produktivitätsziele ‘von oben’ steigen”, “Einfach zu implementieren und zu betreiben” und “Höhere Flexibilität bei der Lieferantenauswahl” sind dafür gute Beispiele.

BAUSTEIN 12: DEN WANDEL ERSCHWERENDE KRÄFTE (FORCES OPPOSING CHANGE)

Dieser Baustein beschreibt die Einflussfaktoren, die Kunden von einem neuen Angebot abhalten. Auch hier dominieren zwei Kräfte: Einerseits sorgen Gewohnheiten dafür, dass keine Entscheidungen getroffen werden, und anderseits Angst, sich falsch zu entscheiden. Die einem Kauf Eures Angebotes entgegenwirkenden Kräfte werden oft weniger ernst genommen als die unterstützenden Kräfte – was ich für ein Versäumnis halte: Diese Kräfte sind Eure Konkurrenten, ebenso wie konkurrierende Produkte oder Dienstleistungen. Das Resultat für Euch ist gleich – ob Kunden nicht kaufen oder beim Wettbewerber kaufen.

Reale Beispiele dafür sind “Aufwand aufgrund zusätzlicher Schnittstellen”, “Schlechte Erfahrungen mit Beratern” und “Die Gäste werden das Produkt eventuell nicht verstehen”.

BAUSTEIN 13: NACHTEIL EURES ANGEBOTES (TRADEOFF)

Damit werden die aus Sicht des Kundensegmentes eindeutigen Nachteile Eures Angebotes skizziert. ‘Nachteil’ meint nicht etwa ein etwas ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis oder eine verschmerzbare Kleinigkeit, sondern ernsthafte und nicht zu diskutierende Nachteile. Die Inhalte dieses Bausteines unterstützen Euch bei der Entscheidung, an produktbasierten Nachteilen zu arbeiten, Bestandteile von Dienstleistungen zu ergänzen oder den Dialog mit den für Euch wichtigen Kundensegmenten zu suchen, um ein noch besseres Verständnis von deren Wahrnehmung der Vor- und Nachteile zu entwickeln.

“Die Prozesse werden mindestens drei Monate nicht rund laufen”, “Massive Unruhe in der Organisation” und “Mindestabnahmemenge von 10.000 Stück” sind hier gute Beispiele.

BAUSTEIN 14: ERFOLGSMESSUNG (MEASURE OF SUCCESS)

Dieser Baustein beschreibt, wie Euer betrachtetes Kundensegment seinen Erfolg misst, beantwortet die Frage, was für Eure Kunden ‘nachher besser ist als vorher’ und unterstützt Euch bei der Kommunikation Eures Angebotes. Die Frage nach dem, was Eure Zielgruppe unter ‘Erfolg’ oder ‘gutem Ergebnis’ versteht, ist eine Einladung zu einer Änderung Eures Blickwinkels: Von einer internen, an Finanzkennzahlen orientierten Sicht zu einer externen, am Kundennutzen orientierten Sicht. Wir wissen, dass die Kennzahlen dafür nicht sehr einfach zu definieren sind.

Reale Beispiele sind “Die Verfügbarkeit der Verbrauchsmaterialien liegt bei 98%”, “Weniger ermüdende Diskussionen” und “Anzahl der Rückmeldungen der Gäste steigt”.

WAS BEDEUTET DAS FÜR EURE ARBEIT?

Ich lade Euch mit den folgenden Fragen ein, mit erste Schritten den Transfers zu Eurer aktuellen Arbeit zu schaffen. Es geht weniger um die perfekt durchdachte Antwort als um das das schnelle Sammeln Eurer Gedanken dazu.

  • Welches Kundensegment wollt Ihr als erstes betrachten?
    ·Was ist Eure Motivation, genau dieses Kundensegment zu wählen?
    ·Welche Möglichkeiten des direkten Kontaktes zu diesen Kunden seht Ihr?
    ·Wer oder was kann Euch beim Kontakt zu diesen Kunden unterstützen?
    ·Falls direkte Kontakte nicht möglich sind, wer kennt diese Kunden besonders gut?
    ·Was sind die mindestens drei wichtigsten funktionalen Aufgaben dieser Person?
    ·Was sind die mindestens drei wichtigsten emotionalen Aufgaben dieser Person?
    ·Was sind die mindestens drei wichtigsten sozialen Aufgaben dieser Person?
    ·Was fehlt, um die Arbeit mit dem Customer Jobs Canvas zu starten?

Mehr im Teil 3: Wie der Start gut gelingt

innoWerft Gastbeitrag von | Dr. Reinhard Ematinger

Experte für Geschäftsmodellinnovation

Reinhard lädt Führungskräfte ein, ihre Produkte und Dienstleistungen aus der Sicht ihrer Kunden zu “denken”. Mehr als 100 Semester Vorlesungen, mehrere Bücher und mehr als 20 Jahre Erfahrung in Beratung, Business Development und Corporate Universities sorgen für die Relevanz seiner Arbeit.

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/ematinger/


Startup Strategie | Produkt & Service mit Struktur vom Kunden aus denken

Dr. Reinhard Ematinger

WARUM SOLLTET IHR EUCH MIT STARTUP STRATEGIE BESCHÄFTIGEN? UND, WANN?

Ein immer dynamischeres Spielfeld eröffnet uns beinahe täglich sensationelle neue Chancen – und bringt auch ernsthafte neue Risiken mit sich, gerade in einer Startup- oder Scaleup-Phase: Die Chance, inspirierenden Kundennutzen von Grund auf neu zu denken, sauber zu konzipieren und in die Tat umzusetzen. Das Risiko, von Beginn an den Anschluss zu verlieren, weil sich ratzfatz neue Wettbewerber mit größerem wahrnehmbaren Nutzen für unsere Kunden auf das Spielfeld begeben können und werden.

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Digitale Angebote verändern den Markt seit Jahren, und sie verändern die Erwartungen unserer Kunden mit zunehmendem Tempo. Das wisst Ihr besser als ich. Verpassen wir es, die neuen Spielregeln für uns zu nutzen, verlieren wir Kunden und früher oder später möglicherweise unser gesamtes Business. Gelingt es uns, die Spielregeln für uns und unsere geschätzten Wettbewerber neu zu schreiben, sind wir beinahe unverwundbar. Nehmen wir bisherige Regeln nicht als gegeben hin, sondern definieren sie neu, werden wir mit Aufmerksamkeit und Erlösen belohnt. “Die Spielregeln so lange neu schreiben, bis man gewinnt”, nennt das ein befreundeter Entrepreneur aus Berlin. Und täglich erinnern uns unter anderem Produkte aus Fernost daran, dass wir uns die dann doch willkürlichen Definitionen von ‘adressierbarem Markt’, ‘Nische’, ‘Kundensegment’ oder ‘Premiumprodukt’ gepflegt ins Haupthaar schmieren können.

Deshalb meine höfliche Einladung, sich weniger auf eher vergängliche technische Vorzüge von Produkten und für unsere Kunden kaum relevante Details von Dienstleistungen zu fokussieren, sondern darauf, wie wir echten Nutzen für unsere Kunden schaffen und den wahrgenommenen Wert für sie erhöhen.

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Zhang Ruimin, CEO von Haier, wies in seiner Rede “Rendanheyi 2.0: Building an Ecosystem to Co-create and Win Together” darauf hin, dass seine Führungskräfte und Mitarbeiter scheinbar einfache Fragen wie “Wer ist Ihr Kunde?” und “Was ist der Wert, den Sie für Ihren Kunden schaffen?” oft nur mit erheblichen Schwierigkeiten beantworten können. Das sollte uns zu denken geben – gerade dann, wenn wir an neuen Geschäftsideen arbeiten und diese mit Tempo und Struktur umsetzen wollen.

WARUM LOHNT ES SICH FÜR EUCH, BEI DER STARTUP STRATEGIE ‘VOM KUNDEN AUS’ ZU DENKEN?

Worum geht es mir? Ich will Euch mit dieser Mini-Serie einladen, mit Tempo und Struktur wieder ‘vom Kunden aus’ zu denken und Eure guten Ideen für Produkte und Dienstleistungen weniger von ihren functions and features und mehr von den potentiellen Kunden aus zu betrachten. Durch den mit strukturiertem Format vorgenommenen ‘Dreh’ der Betrachtung vermeidet Ihr eher früher als zu spät, Angebote zu konzipieren, die niemand braucht.

Und, ich lade Euch ein, die unscharfen Begriffe ‘Innovation’, ‘Design’, ‘Kundenbedürfnis’, ‘Nische’ und ‘Kundenorientierung’ bis zum Ende dieser Serie gedanklich beiseite zu legen und mit mir gemeinsam den Fokus auf das, was Kunden ‘erledigt haben wollen’, zu legen: Darauf, was deren zu lösende Aufgaben sind, und darauf, was sie als bessere Antworten auf ihre Fragen und Probleme empfinden. Unabhängig von functions and features. Werkzeuge wie das Customer Jobs Canvas begleiten Euch dabei, Produkte und Dienstleistungen zu schaffen, die Kunden auch kaufen wollen. Damit habt Ihr mehr Freude am Skizzieren, Diskutieren und Testen neuer Angebote, machen Eure künftigen Ergebnisse planbarer und Eure Produkte und Dienstleistungen profitabler.

WAS SORGT FÜR RÜCKENWIND?

Für den erwähnten ‘Dreh’ der Betrachtung Eures Angebotes vom Blick des Herstellers oder Dienstleisters – wogegen es gerade in einer Startup-Phase nichts zu sagen gibt – zum Blick des Kunden gibt es brauchbare Unterstützung, die Eure ersten Schritte beschleunigen kann. Ich habe dafür drei Punkte zusammengetragen:

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Erstens: Ihr seid nicht alleine – die Idee, strukturiert ‘vom Kunden aus’ zu denken, ist weder besonders neu noch ein abenteuerliches theoretisches Konzept.

Je nach Betrachtung gehen die Wurzeln des ‘vom Kunden aus’-Denkens mehr als 70 Jahre zurück auf Joseph Schumpeter. Sein 1942 erschienenes Werk “Capitalism, Socialism and Democracy” führt in die Schöpferische Zerstörung ein und beschreibt, wie neue Innovationen den etablierten Unternehmen zuerst Kunden klauen und sie möglicherweise vom Markt verdrängen und ersetzen. Was möglicherweise weniger bekannt ist: Schumpeter stellte bereits in den Vierzigerjahren fest, dass Innovation von nahezu überall her auftauchen kann, nicht nur von den dem eigenen Angebot ähnlichen Produkten und Dienstleistungen.

Unternehmen, die ernsthaft annehmen, sie wären mit ihrem Angebot alleine am Markt, den sie beherrschen, werden früher oder später konfrontiert mit Ereignissen, deren Signale sie nicht wahrgenommen haben; mit neu eintretenden Wettbewerber, die sie nicht im Entferntesten als solche identifiziert haben; und mit Produkten und Dienstleistungen, die zum Zeitpunkt der Marktbeobachtung noch nicht erfunden waren.

Clayton Christensen gab dem Phänomen 1995 im Harvard-Business-Review-Artikel “Disruptive Technologies: Catching the Wave” einen Namen und mit den wenige Jahre später erschienenen Büchern “The Innovator’s Dilemma” und “The Innovator’s Solution” brachte er der Idee des ‘vom Kunden aus’-Denkens erstmals auf einen Nenner und prägte den Begriff Jobs to be Done. Richard Foster und Sarah Kaplan griffen in ihrem 2001 erschienenen Buch “Creative Destruction” Schumpeters Theorie auf und stellten fest, dass die Lebensdauer von Unternehmen unter anderem dadurch bestimmt ist, wie gut sie in der Lage sind, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu decken. Ihr seid in guter Gesellschaft!

Zweitens: Wir füllen Lücken in unserer Wahrnehmung – warum Design Thinking und ‘vom Kunden aus’ denken einander brauchen.

Warum beantwortet unserer Meinung nach eine Kombination aus Werkzeugen aus Design Thinking die wichtige Frage, warum Kunden kaufen, nicht vollständig? Wir rufen dazu den Psychologen und Nobelpreisträger Daniel Kahneman in den Zeugenstand. Er hat die Abkürzung WYSIATI geprägt: What you see is all there is.

Damit beschreibt er den Umstand, dass unser Unterbewusstsein aus wenigen Informationen eine plausible Geschichte konstruiert und damit unserem Bewusstsein präsentiert. Dieses ‘what you see is all there is’ hält uns zugleich am Laufen und führt uns aufs Glatteis. Wir bauen blitzschnell eine möglichst ‘sinnvolle’ Geschichte und nutzen dafür kleine Informationshappen und Erfahrungen. Dabei spielen Fakten und Plausibilität keine große Rolle – was bedeutet, dass wir uns selbst eine Geschichte präsentieren, und unser Bewusstsein diese Geschichte ungefragt glaubt. Für das Unterbewusstsein ist es deutlich angenehmer, wenn möglichst wenige Informationen vorliegen.

Dazu kommt, dass wir nicht vorhandene Informationen so oder so nicht verarbeiten können. Daher haben Personas neben vielen Vorteilen auch einen negativen Effekt auf die Arbeit in Teams und in Organisationen: Wir lesen die Angaben der Persona und füllen die Lücken mit unseren eigenen persönlichen Annahmen über das Verhalten unserer Kunden. Wenn Ihr mit gut strukturierten Werkzeugen versucht, ‘vom Kunden aus’ zu denken, füllt Ihr genau diese Lücken mit sinnvollen Informationen.

Drittens: Eins plus eins ergibt drei – ‘vom Kunden aus’ denken und die systematische Arbeit am eigenen Geschäftsmodell schließen einander nicht aus.

Wenn Ihr bereits mit dem Denken in Geschäftsmodellen vertraut seid und erste belastbare Entwürfe oder in der Realität getestete Beschreibungen Eures künftigen Geschäftsmodelles erarbeitet habt, sind das perfekte Grundlagen für die nächsten Schritte. Die Beschäftigung mit dem, welche Aufgaben unsere Kunden ‘erledigt haben wollen’, dockt nahtlos an den wichtigsten Feldern “Customer Segments” und “Value Propositions” des Business Model Canvas von Alexander Osterwalder an. Mit jedem im Business Model Canvas als wichtig identifiziertem Kundensegment gehen wir in die Tiefe. Mehr im Teil 2.

Eine Auflistung an Value Propositions beantwortet meiner Meinung nach die Frage, warum Kunden kaufen, nicht wirklich ausreichend – und vor allem nicht so eindeutig, dass Ihr daraus brauchbare umsetzbare Schritte ableiten könnt. Daher erlaube ich mir, genauer nachzufragen: Neben den beobachtbaren Aufgaben betrachten wir die emotionalen und sozialen Aufgaben der Kunden im Detail. Wir fragen, was Kunden zu einer möglichen neuen Lösung hin zieht und von einer neuen Lösung abhält.

Wir fragen, welche alternativen Produkte und Dienstleistungen Kunden bisher wählten, und warum sie diese wieder abwählten. Die positive Nebenwirkung dieser Arbeit ist, dass Ihr damit wie nebenbei eine Vorlage für die Kommunikation des Nutzens Eures Angebotes für eine klar definierte Zielgruppe skizziert.

WIE IHR DIE AUFGABEN EURER KUNDEN BESCHREIBT

Warum solltet Ihr Euch mit den Aufgaben Eurer Kunden beschäftigen – also mit dem, was Eure Kunden ‘erledigt haben wollen’? Weil Lösungen – ob technisch oder organisatorisch, ob per App oder Dienstleistung, ob von Personen oder Drohnen geliefert, ob aus der Cloud oder vom Laptop – kommen und gehen. Die Aufgaben unserer Kunden und Nutzer aber bleiben gleich: Wir dürfen annehmen, dass sich Ägypter wie Römer bereits die Frage stellten, wie Dokumente sicher und schnell von A nach B gelangen. Das ist die Aufgabe: Dokumente sollen verlässlich und flott von A nach B kommen.

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Das ist nicht die Lösung, nicht die Umsetzung, und nicht die Aktivität. Das ist die Frage. Und die stellt sich heute genau wie vor abertausenden Jahren: wie gelangen Dokumente sicher und schnell von A nach B? Die damalige Lösung: Ein berittener Bote. Die etwas zeitgemäßeren Lösungen lauten versicherter Versand via Post oder Kurierdienst, Faxübertragung mit Pin-Code (die Älteren erinnern sich, ja?), sichere Mailverbindung mit Signatur, oder ein Download mit zweifacher Verschlüsselung. Lösungen ändern sich schneller, als Ihr diesen Beitrag zu Ende lesen könnt – die Aufgaben Eurer Kunden aber bleiben gleich.

Um Kunden etwas anbieten zu können, wofür sie Geld und Aufmerksamkeit zu investieren bereit sind, ist es enorm hilfreich, nicht reflexartig eine Antwort zu formulieren, bevor Ihr sicher seid, die Frage dahinter wirklich verstanden haben. Mit Ideation-Methoden wie Design Thinking lernen und erfahrt Ihr genau diese Fertigkeit: Ihr tretet einen Schritt zurück und fragt Euch nochmals, ob Ihr überhaupt die richtigen Fragen formuliert habt, bevor Ihr Eure guten Ideen sammelt, verdichtet und filtert.

Wie beschreibt Ihr eine Aufgabe Eurer Kunden – im Gegensatz zu einer Tätigkeit, zur Funktionalität eines Produktes oder zum Bestandteil einer Dienstleistung? Ich finde, dass die folgenden Kriterien zutreffen sollten, um zu einem Ergebnis zu kommen, das Euch und Euren Kunden auch tatsächlich nützt, und biete die folgenden drei Punkte an:

Erstens: Aufgaben beschreiben keine detaillierten Aktivitäten

Die Brauchbarkeit dieses Ansatzes besteht nicht in der detaillierten Beschreibung der Aktivitäten unserer Kunden in fünf-Minuten-Schritten. Diese haben nicht immer mit der zu erledigenden Aufgabe zu tun und sind nur wenig hilfreich dafür, die ‘Frage hinter der Frage’ zu entdecken und passende Antworten zu entwickeln.

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Zum Beispiel ist “mit der Bahn nach Duisburg reisen” die Beschreibung einer Aktivität, die nichts über die Frage dahinter und nichts über die eigentliche Aufgabe, die jemand lösen möchte, aussagt. Wir wissen im Moment noch nichts darüber, warum diese Person mit der Bahn reist, in welchem Kontext sie ihre Entscheidung getroffen hat und welche Alternativen sie aus welchem Grund nicht wählte. “Ich möchte entspannt von Heidelberg nach Duisburg gelangen” ist hingegen eine Aufgabe. Noch ist keine Lösung dafür gefunden, sondern nur die Aufgabe formuliert. Zweitens: Aufgaben beschreiben nicht die gefundene Lösung für ein Problem

Ihr verschenkt in der strukturierten Ideenfindung für ‘vom Kunden aus’ gedachte Produkte und Dienstleitungen gute Ansätze, wenn Ihr Frage und Antwort nicht sauber auseinanderhaltet. Was wie eine eher schlichte Bauernregel aus meiner lieben Heimat klingt, ist eine in der Realität gerne genommene Abkürzung. Nur, dass diese Abkürzung nicht zum Ziel führt, sondern zu wenig erfreulichen Endlosschleifen.

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“Zuerst die Bahn und dann ein Taxi nehmen, um nach Duisburg zu reisen” ist die Lösung, also die Antwort. Die Frage dahinter bleibt immer noch im Dunklen, ebenso wie der Kontext: Wie sieht beispielweise der zeitliche und der finanzielle Rahmen aus?

Drittens: Aufgaben vom Ende – und nicht vom Anfang – aus denken

Meine Erfahrungen aus Projekten mit Startups mit ganz unterschiedlichen Ideen, Zielen und Angeboten zeigen, dass sich die Anstrengung, eine Art Zielbild zu finden, lohnt. Was ist nachher besser als vorher? Und, warum?

Welches positive Bild entsteht in Euren Köpfen, wenn Eure Kunden ihre Aufgaben gelöst haben? Aus gutem Grund heißt der Ausdruck im englischen Original Job to be Done: Eine zu erledigende Aufgabe. Clayton Christensen rief diesen Begriff nochmals in seinem 2007 in der MIT Sloan Management Review erschienenen Artikel “Finding the Right Job for Your Product” in Erinnerung.

Was ist nachher besser als vorher – unabhängig vom gewählten Produkt oder der in Anspruch genommenen Dienstleistung? Design-Thinking-Profis nennen das die Customer Journey, die Kundenreise: Da ist eine Aufgabe, die eine Person lösen möchte. Und da sind Hürden, die anfangs im Weg stehen. Da gibt es zwischendurch unterstützende und behindernde Faktoren. Und mit der Lösung am Ende wird die Aufgabe der Person bestmöglich unterstützt.

Wie will sich die Person am Ende ihrer Reise nach Duisburg sehen? Entspannt, gelangweilt, gut auf einen kommenden Workshop vorbereitet, hektisch, oder bereit durchzustarten? Mit dem Zielbild im Kopf könnt Ihr deutlich passendere Lösungen für die Aufgabe dieser Person entwickeln.

Zusammenfassend: Lösungen kommen und gehen …

… die Aufgaben Eurer Kunden aber bleiben gleich. Findet Ihr Antworten auf deren Fragen, wird Euer Angebot an Produkten oder Dienstleistungen als nützlich und wertvoll wahrgenommen. Gebt Ihr allerdings Antworten auf etwas, wonach niemand gefragt hat, baut Ihr bestenfalls me-too-Angebote und bewegt Euch vom Start weg in einer nach unten offenen Preisspirale, bei der es selten Gewinner gibt.

Mehr im Teil 2: Wie Ihr mit dem Customer Jobs Canvas arbeitet

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:] innoWerft Gastbeitrag von | Dr. Reinhard Ematinger

Experte für Geschäftsmodellinnovation

Reinhard lädt Führungskräfte ein, ihre Produkte und Dienstleistungen aus der Sicht ihrer Kunden zu “denken”. Mehr als 100 Semester Vorlesungen, mehrere Bücher und mehr als 20 Jahre Erfahrung in Beratung, Business Development und Corporate Universities sorgen für die Relevanz seiner Arbeit.

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/ematinger/