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“Auf Startups ist kein Verlass” titelt die Sonntagsökonomin Maja Brankovic in der Frankfurter Allgemeinen vom 21. Januar. Überraschung!

Eigentlich müssten wir froh sein, dass sich jemand traut, den allgegenwärtigen Start-up Hype zu kritisieren. Denn nichts ist schädlicher für den Anbruch einer Neuen Deutschen Gründerzeit als falsche, überspannte Erwartungen. Sie erzeugen Investitionsblasen, deren Platzen die mit harter Arbeit in Jahren aufgebauten Start-up Ökosysteme über Nacht wieder zerstören kann.

Aber wirksame und hilfreiche Kritik setzt Sachkenntnis voraus, in diesem Fall über den Sinn eines Start-ups und seine (volks-)wirtschaftliche Funktion. Es reicht nicht, sich die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie zu eigen zu machen und daraus den Schluss zu ziehen, dass Wachstum und Wohlstand einer Volkswirtschaft langfristig allein auf den starken Schultern etablierter Großunternehmen ruhen. Weil nur diese Unternehmen in der Lage seien, die notwendigen Produktivitätssteigerungen zu erzielen. Die Angelegenheit ist etwas komplizierter.

Was ist ein Start-up – und was ist die volkswirtschaftliche Funktion von Start-ups?

Ein Start-up ist eine wirtschaftliche Forschungseinheit. Es existiert nur zu einem Zweck: Ein erfolgreiches, tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Das Geschäftsmodell selbst kann bahnbrechend-innovativ sein, muss es aber nicht. Hauptsache, es ist erfolgreich. Der Kern des Geschäftsmodells kann eine bahnbrechend-innovative, neue Technologie sein, muss es aber nicht. Hauptsache, es ist erfolgreich. Das Geschäftsmodell muss skalierbar sein und ein großen Wachstumsmarkt adressieren. Das setzt ein positives EBIT voraus und damit auch ein hinreichende Produktivität. Aber Effizienzmaximierung und daraus resultierende Produktivitätsgewinne sind naturgemäß nicht Gegenstand der Start-up Phase. An deren Ende muss ein junges Unternehmen nur so produktiv arbeiten, dass es in der Scale-up Phase nicht aus der Wachstumskurve fliegt. Nicht nur in der innoWerft Walldorf nennen wir das “maturity for scaling-up”.

Der volkswirtschaftliche Sinn von Start-ups besteht darin – ich bitte um Entschuldigung, wenn ich diese Binsenweisheit noch einmal explizit herausstelle – möglichst viele neue, potentiell tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln, am Markt zu testen und in tragfähige Strukturen (neue Unternehmen) einzubetten. So erneuert sich jede Volkswirtschaft entlang branchen- und technologiespezifischen sowie regional unterschiedlichen Zyklen. Tut sie es nicht, hat sie ein Problem: Ende mit Wachstum und Wohlstand: Eine Volkswirtschaft get’s kodaked im Strukturwandel.

Wenn es im Start-up Kontext einen Bereich gibt, bei dem Produktivitätssteigerungen Sinn machen, dann sind es nicht die einzelnen Start-ups, sondern die regionalen Ökosysteme, die Start-ups benötigen, um sich zu entwickeln. Hier gibt es in der Tat eine Menge Hebel und Stellschrauben, mit denen sich die Produktivitätsrate eines Start-up Ökosystems steigern lässt. Und dabei geht es nicht nur um Effizienzgewinne, sondern mindestens so sehr um die Steigerung der Effektivität.

Am Ende des Tages brauchen wir nicht mehr Start-ups, sondern mehr international agierende, erfolgreiche Unternehmen!

Sie müssen so aufgestellt sein, dass sie sich aus eigener Kraft weiterentwickeln können, damit sie länger am Markt bleiben als die heute durchschnittliche, weltweite Unternehmenslebensdauer von 12 Jahren. Hier sind Produktivitätsgewinne ein wichtiger Faktor, aber nicht der einzige: Langlebigen Unternehmen wie z.B. der Freudenberg Gruppe oder der Rethmann Gruppe gelingt beides: Sowohl die permanente Steigerung der Produktivität als auch regelmäßige Markt-, Branchen- und Produktinnovationen.

Bei der innoWerft Walldorf setzen wir ebenso auf beides oder, streng genommen, auf alle drei Säulen: Steigerung unserer Effizienz durch Optimierung unserer Strukturen und Prozesse, Steigerung unserer Effektivität durch Verbesserung unserer existierenden Leistungen, und Innovation: Entwicklung neuer Formate zur Identifikation vielversprechender Gründer-Teams und zur Förderung unserer Start-ups.

Liebe Sonntagsökonomen bei der FAZ: Verlangt die Produktivitätssteigerung nicht von den Start-ups – verlangt sie von den Start-up Ökosystemen, das heißt in erster Linie von uns Acceleratoren und Incubatoren!

Links:
Brankovic M 21.01.2018: Auf Start-ups ist kein Verlass. FAS (Frankfurter Allgemeine Sonnstagszeitung) 3, 24. http://epaper.faz.net/webreader-v3/index.html#/441951/24-25

Heyman, F; Norbäck, P-J; Persson, L. 2018 – Who Creates Jobs and Who Creates Productivity? Small versus Large versus Young versus Old. Economic Letters 164:3, 50-57. https://doi.org/10.1016/j.econlet.2017.12.034

Tags:

Incubation, Macroeconomic Impact, Productivity, Startup, Startup Ecosystem